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Diamanda Galás

»Defixiones, Will and Testament« / »La Serpenta Canta«

Mute

Auf den ersten Blick wirkt sie wie Nina Hagen für Fortgeschrittene oder Marilyn Manson für Erwachsene, doch außer dem schrägen Styling sind deren Gemeinsamkeiten rein peripherer Art. Seit den späten 70er- Jahren macht die amerikanische Extrem-Vokalistin mit griechischen Wurzeln von sich reden. Zunächst im Free Jazz-Lager verortet, lässt sich das Schaffen der Galás in kein musikalisches Genre einschlichten. Die Orte, an denen die 15 Tracks aufgenommen wurden, spiegeln diese Nicht-Schubladisierbakeit wider: »Joe’s Pub« und die »Knitting Factory« in N.Y.C., die Oper in Sydney, ein Gothic-Festival in Leipzig u.a. Blues-Coverversions hat Diamanda Galás für dieses Live-Album ausgewählt: Schwarzen Blues (J.L. Hooker, Screamin‘ Jay Hawkins), weißen Blues (Hank Williams), Traditional Blues (»Ain’t No Grave … «), Jazz-Blues (Ornette Coleman). Einzige Ausnahme: Ihre Komposition »Baby’s Insane« – ein verrückter Walzer mit puppenklavierartigem Geklimper. Hank Williams »I’m so Lonesome I Could Cry« gerät zum düsteren Todesmarsch: stampfend, schleppend, gekrächzt wie mit letzter Kraft, »Lonely Woman« (Coleman) wird zum orientalischen Klagelied. Die Galás begleitet sich selbst am Flügel, wobei beide Instrumente (Stimme und Klavier) gleichberechtigte Ausdrucksmittel von Wut, Trauer, Wahnsinn, Angst sind. Trotz karger Instrumentierung kann Diamanda Galás Räume mit Klang füllen, man meint, bis zum Bersten. Doch in einem Moment leidenschaftlich, überschwänglich heulend und schreiend und im nächsten fragil, mit kaum hörbarer, brüchiger Stimme wispernd. Das Krähen, Bellen, Heulen, Miauen beeindruckt, lässt aber die Frage aufkommen: Ist das vielleicht Kunst oder doch nur Pathos? Die Inszenierung als Irre am Klavier scheint mitunter routiniert, aufgesetzt. Überzeugend, innig und intensiv wirkt die Sängerin eben dann, wenn noch ein drittes »Instrument« miteinbezogen wird: Die Stille.

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