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Zenial

»Chimera«

Zoharum Records

Der polnische Elektroakustiker und Audiotong-Labelbetreiber Lukasz Szalankiewicz bezeichnet sich selbst als EVP-Forscher, Historiker, Demoscene-Tüftler und Sounddesigner – und entpuppt sich auf seinem neuesten Release zusätzlich auch als elektromagnetischer Alchemist. Zenial widmet sich medienübergreifenden experimentellen Studien, in denen er in stetoskopischer Haltung elektromagnetische Schwingungen diverser (Medien-)Technologien aufspürt und zueinander in Beziehung setzt. Auf »Chimera«, einer Kompilation vergangener installativer Arbeiten und Aufnahmen, die bei einem Artist-in-Residency Aufenthalt im EMS-Studio in Stockholm entstanden sind, werden die daraus resultierenden Interferenzen zu einem obskuren Organismus zusammengesetzt und in okkult-pulsierenden Exerzitien animiert. Der titelgebende Verweis auf das rituelle Instrument Rosara und die im Releasetext genannte Widmung der B-Seite an den Kabbala-Hermetiker Franz Bardon, wecken Assoziationen an die Vertreter der britischen Industrialszene und deren Chaos-Magick Faszination rund um Aleister Crowley oder die Abhandlungen des Techgnostiker Erik Davis über das »elektromagnetische Imaginäre«. Techno-Spiritualismus und Informationszeitalter-Mystizismus also als kontextuelle Unterfütterung für das Knacksen und Schürfen arterieller Feedbackloops, beharrlich-konkreter kinetischer Ströme und proto-digitaler Blips und Beeps Dialoge à la Atari. Hört man genauer hin, vermag das Innenleben dieses modularen Generatoren-/Kabel-/Röhrenwesens bisweilen gar physische Warnimpulse auszulösen, generiert durch Sinustonsignale und die klangliche Verwandtschaft mit Starkstromwellen. Angesichts dieses Daten- und Noisepollution-Overloads oszillierender Elektronen kommen die sanft eingefadeten Fieldrecording-Inserts einer Geisterbeschwörung gleich: Vogelgesang und Grillengezirpe halten Mahnwache in einer post-humanen Welt. Endgültig an ein dystopisches Ufer gespült wird man mit dem letzten Track, in dem Wogen an brachial-apokalyptischem Drone an Dark-Ambient-Stränden versprudeln.

Home / Rezensionen

Text
Shilla Strelka

Veröffentlichung
15.04.2014

Schlagwörter


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