Elektronik-Sampler schaffen etwas Erstaunliches: Sie vermitteln zwischen euro-simplifizierten asiatischen Lebensweisheiten und dem dialektischen Prinzip. Alle diese drei Phänomene leben vom kleinsten gemeinsamen Nenner namens Zweigliedrigkeit und Aufhebung in einem dritten Stadium. »Barrio Latino« ist ein Sampler. Und eben zweigliedrig. Und natürlich gibt es einen Club dazu. Das sowieso. Wie viele solcher Sampler gebraucht werden, ist eine andere Frage und die Antwort dazu gibt vielleicht einmal das dialektische Prinzip nach Fortgang der Geschichte. Oder der CD-Brenner. Jedenfalls also ist das Barrio Latino ein Club in Paris und Carlos Campos der hauseigene DJ. Und weil die über den Club ausgestreuten Sämlinge auch einmal wachsen müssen, verteilt man sie auf CDs, auf denen sie dann vermehrt auf die Reise geschickt werden, einen Ruf zu festigen. Noch leichter geht das mit zwei CDs, und wenn die zusammengehören und eine Einheit ergeben, und der eine Teil ein ruhiger, langsamer ist, der Zweite ein beschwingter, dann findet man in Summe die Mitte. Musikalisch heißt das, dass Carlos Campos ein Doppelalbum an wahrscheinlich persönlichen Favoriten zusammengestellt hat, ein Doppelalbum, welches, und das muss bei aller Ironiepflege gesagt werden, eine Trackauswahl vorzuweisen hat, die es erfreulich von den meisten Mitkonkurrenten abhebt. Campos setzt auf Tracks, die kaum bis gar nicht auf anderen Samplern zu finden sind, springt zwischen nahezu folkloristisch klingenden Tönen und deepem, modernstem House. Vergleichbar vielleicht mit den ersten beiden »Hotel Costes«-Samplern. Wer aufgrund des Titels auf lateinamerikanische Rhythmen hofft, gewinnt natürlich auch. Nicht als Ganzes überzeugend, aber einer der wenigen Sampler, die wenigstens ich in der letzten Zeit wegen seiner kleinen Überraschungsmomente immer wieder mal gerne zur Hand nahm.
Various Artists
Barrio Latino
George V Records
Unterstütze uns mit deiner Spende
skug ist ein unabhängiges Non-Profit-Magazin. Unterstütze unsere journalistische Arbeit mit einer Spende an den Empfänger: Verein zur Förderung von Subkultur, Verwendungszweck: skug Spende, IBAN: AT80 1100 0034 8351 7300, BIC: BKAUATWW, Bank Austria. Vielen Dank!