Lange bevor das Ende der Geschichte durch die Allerweltsmedien spukte, wurde es im Porno verhandelt: ausgerechnet 1989 kam Linda Williams zu dem Schluss, dass dem augenscheinlich phallischstem aller Genres nur vermittels (Re-)Narrativierung beizukommen sei; was mit dem Internet Großgewordene nolens volens zu Fatalisten machte … total dekontextualisiert und stakkatohaft drehte sich hier immer schon alles worum es sich eben dreht, nämlich, wie Ko-Herausgeber O. Demny einführend versichert, nicht ums Erzählen, sondern ums Zeigen.
Entsprechend wartet der 11. Band der »Deep Focus«-Reihe (Bertz + Fischer) mit zwar ziemlich kleinformatigem und schwarzweißem, aber explizit illustrierendem Bildmaterial auf; vor allem jedoch bekommen geneigte LeserInnen diskursiv bewehrte Einblicke in ein vom medialen Mainstream offenbar ziemlich erfolgreich verdrängtes Parallelporniversum – wonach deutlich wird, dass hier grundsätzlich nichts ausgemacht und alles verhandelbar ist.
Zunächst freut man sich über die gebotene Vielfalt: ein ?berblick zu französischen Pornos der 1920er (wodurch bestätigt wird, dass irgendwo immer schon alles da gewesen ist); klassisch ist mittlerweile auch die milieustudienhafte, mit »genre-untypischer Genauigkeit« inszenierte J. Mutzenbacher-Verfilmung; ebenso eigenständige Abhandlungen gewidmet sind Virginie Despentes »Baise-moi« (2000) – von Julia Reifenberger; neben »Sechs Pornoregisseurinnen im Gespräch« der einzig weibliche Beitrag -, Bruce LaBruces Neonazifickfilm »Skin flick« (1999) sowie dem phantasmagorischen »Café Flesh« (1982, Stephen Sayadian); extra thematisch abgehandet werden Sexfilm und – Rassismus, – Gewalt, – Roboter bzw. Computer.
Wundern tut man sich vielleicht eher über das reichianisch informierte Oeuvre eines Eduardo Cemano, wo Forscher in Vaginas krabbeln und frau mit einem Rathaus kopuliert, das kinke Loblied auf BDSM-Filme als Vorhut in Sachen Gendermainstreaming und Ganzheitlichkeit (»Körper sind nicht mehr auf Löcher und Schwänze reduziert«), Joe Gallants bottom up Polit-Porn als »ehrliche Kunst« oder über die »postmodernen Pornobiographien« Benny Profanes. Besonders vielversprechend scheinen mir Ovidies Versuche das Sexuelle möglichst realistisch zu inszenieren bzw. ihr Einsatz für eine öffentliche Pornokultur und überhaupt alles, wie W. Kesler schreibt, was dazu beiträgt »pornographische Bilder aus ihrem tristen Dasein zwischen Wichsvorlage und Kunstelend zu entlassen«.
Demny, Oliver / Richling, Martin (Hrsg.): »Sex und Subversion. Pornofilme jenseits des Mainstreams«, Berlin: Bertz + Fischer, 191 Seiten, EUR 19,90