Czukay bleibt so »out«, wie wir immer noch »in der Mitte« sind. Er verkörpert eine heutzutage kaum mehr vorhandene lyrische Dekadenz, die vorgeblich hässliche Sounds, Farben oder Dinge in strahlende Schönheiten verwandelt, und das sollten wir auf jeden Fall würdigen. Neun Songs mit einer eigenwilligen Sängerin (U-She) und dem Meister an den Keyboards (der gleichzeitig für die Produktion verantwortlich zeichnet. Fabriksgeräusche von den Synths, wie man sie bislang noch nie gehört hat, weil man einfach keinen Grund hatte, sie einzusetzen. Und genau dafür sind sie gemacht, fragen Sie Holger.) Es stimmt ja, man kann wirklich nicht erklären, warum man Van Dyke Parks, Martin Rev, Van Oehlen oder Kaapi lieber hat als etwa Tocotronic (in meinem Fall zumindest). Ich glaube, dass ihre Karrieren einfach authentisch sind, mit Höhen und Tiefen, mit phantastischen und miserablen Ideen. Die Produktionen von Czukay sind wie eine Autobahn, eine Schnellstraße, um abzuheben. Fragen nach dem Wie und Warum stellen sich erst gar nicht, es geht nur ums Wann und Wo. Auch wenn Ihnen das jetzt merkwürdig erscheinen mag, aber berücksichtigen Sie bitte, dass so eine Einstellung heutzutage Seltenheitswert hat. Es ist einfach andere Musik, und vielleicht mögen Sie ja eine weite wilde Welt mit vielen Überraschungen und Geschmacksrichtungen. Ich jedenfalls stehe total darauf. Zehn Sterne zusätzlich für das Friseursalon-Styling und natürlich ein begeistertes Hurraaaa!
Holger Czukay & U-She
The New Millennium
Fünfundvierzig
Text
Friederike Kulcsar (Übersetzung), Noël Akchoté
Veröffentlichung
22.10.2003
Schlagwörter
55
Fünfundvierzig
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