Sei Miguel spielt Trompete und wohnt in Lissabon. Wie Manuel Mota (Gitarrist und Produzent dieser beiden Alben) während seines Interviews erzählte, ist Jazz für Miguel eine »transidiomatische Musik in kosmischer Mission, deren relativ mysteriöse Ursprünge in der Explosion verschiedener traditioneller Musiken liegen, die deportiert und später vom Blues magnetisiert wurden«. Der Begriff Jazz bringt die Musik auf diesen beiden CDs auch auf den Punkt, selbst wenn er nicht mehr mit dem übereinstimmt, was er für die Jazzmagazine üblicherweise ausmacht. »Still Alive« ist eine durchgehende Live-Improvisation, eingespielt von einem Septett (zwei Hörner, zwei Gitarren, zwei mal Percussion und ein zweisaitiger Bass). Dabei möchte ich behaupten, dass es nicht nur ein Stück, sondern gar nur eine Bewegung ist, ein 41minütiges musikalisches Suchen, dabei erstaunlich detail- und formenreich. Alle Mitwirkenden interagieren hier sehr rege, wobei den Improvisationen Momenten der Stille folgen – immer mit höchster Konzentration. Ich weiß nicht warum, aber ich muss an Katzenmusik denken. »Ra Clock« ist eine Sammlung verschiedener Stücke, die zwar orchestrierter, aber dennoch improvisiert klingen und selbst in ihrem bruchstückhaften Charakter noch das Anliegen und die Spielweise von Miguel aufs Beste vermitteln. Alles in allem kann ich von einer wirklichen Neuentdeckung sprechen. Es wäre schön, wenn diese hier kaum bekannten MusikerInnen in Zukunft auch in unseren allzu unveränderlichen und vorhersehbar agierenden Jazzszenen präsenter wären.
Sei Miguel
»Ra Clock« & »Still Alive in Bairro Alto«
Headlights Recordings
Text
Friederike Kulcsar (Übersetzung), Noël Akchoté
Veröffentlichung
05.02.2004
Schlagwörter
56
Headlights Recordings
Sei Miguel
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