Karpo Godina, slowenischer Regisseur, Kameramann, Drehbuchautor und Cutter, war einer der wichtigsten Vertreter der »schwarzen Welle« des jugoslawischen Kinos, das zwischen 1964 und 1973 zahlreiche sozial- und Sozialismus-kritische Filme hervorbrachte. Seine ersten radikal-kritischen Kurzfilme wurden international ausgezeichnet und gelten heute als Vorreiter des Experimentalkinos. Fast im künstlerischen Alleingang produziert, experimentierte Godina mit der statischen Kamera, einem wesentlichen Gestaltungsprinzip, das die Distanz zum Gefilmten nur scheinbar, die subversive Ironie dafür umso nachdrücklicher erscheinen ließ.
Gesellschaftskritisches Werk
Seine erste 1968 entstandene Kurzfilmarbeit »Piknik u nedelju« (»Picnic on Sunday«) scheint auf den ersten Blick ein idyllischer Stummfilm zu sein. Jedoch verbirgt sich hinter dieser unkonventionellen Posse die spitze Gesellschaftskritik jener Generation, die kapitalistische Rentabilität verweigerte und die Gesetze der sozialistischen Tauglichkeit zu sprengen versuchte.
Bis zu sieben Jahre Haft drohten dem slowenischen Filmkünstler, als er 1972 mit »O ljubavnim veštinama« (»About the art of love«) anstelle eines Rekrutierungsfilms für das jugoslawische Bundesheer einen kurzen Antikriegsfilm realisierte. Ein mazedonisches Dorf, 3.000 Soldaten, in der Nähe eine Fabrik mit lauter Frauen. Menschen, die infolge kleinbürgerlicher Weltanschauung und sozialer Reglements nie miteinander in Kontakt traten. Um das zu zeigen, schnitt Godina in der Postproduktion Panzer und Militärflugzeuge heraus, untermalte anstelle dessen seine Bilder mit ironischer Musik, untertitelt mit »Tausende Soldaten, Tausende Frauen, keine Kinder«. Seine Aussage »Make love, not war« provozierte die sozialistischen Behörden, die mit ihren ungebändigten »Kindern«, zu denen Godina zählte, einem Katz-und-Maus-Spiel ausgeliefert waren. Godina kam glimpflich davon. Er kam nicht ins Gefängnis, allerdings wurden seine Filmrollen zerstört. Eine Kopie konnte er jedoch retten.
Weniger subversiv, dafür aber befremdend-unorthodox konzipierte er im selben Jahr »Nedostaje mi Sonja Henie« (»I miss Sonja Henie«), eine Filmcollage der renommierten Autorengruppe, darunter u. a. Miloš Forman. Godina lud seine Kollegen ein, je einen Miniaturfilm von drei Minuten Länge über das gleiche Thema zu drehen, ohne die Kamera zu bewegen. Die Darsteller sollten vor der Kamera jeweils den Satz »I miss Sonia Henie« am Ende aussprechen, der übrigens auf die legendäre norwegische Eisläuferin und Hollywood-Star anspielt, bekannt aus »Traum der Träume aller Großväter«. Die acht geistreichen, zügellosen und unterschiedlich angehauchten Versionen der Geschichte wurden von Godina asymmetrisch zu einem Kurzfilm ausgeformt.
Zensur unter Tito
Zunächst mit Beifall gefeiert, unmittelbar danach jedoch verboten, wurde 1971 »Zdravi ljudi za razonodu« (»Litany of Happy People«), Godinas revolutionärstes Filmwerk im damaligen Jugoslawien. Mit ironisch platzierten Propagandaliedern über Liebe und ethnischer Toleranz porträtierte er die Einwohner unterschiedlicher Volksgruppen vor ihren bunten Häusern. In der Vojvodina konnte man in jeder Siedlung an der Farbe des Hauses erkennen, welcher Nationalität seine Bewohner angehören.
Ebenso zum Opfer der Zensur wurde 1970 »Gratinirani mozak Pupilije Ferkeverk« (»The gratinated brain of Pupilija Ferkeverk«). Dieses jugoslawische Pop-Epos, in dem der moralische Verfall der Gesellschaft thematisiert und der Konsum von LSD verherrlicht wird, war absurderweise ein staatlich gefördertes Filmprojekt. Mit der sowohl erzählerischen, politischen, als auch sexuellen Dreistigkeit der 68-er-Jahre-Generation spielte der junge, vom Westen inspirierte Regisseur den staatlichen Organen einen Streich.
K3: Internationales Kurzfilmfestival Villach
29.-30. Juni 2011, Udine
1.-3. Juli 2011, Villach