Unlängst bin ich auf eine Spotify-Postminimalismus-Playlist gestoßen (nicht mein Spotify-Account übrigens). Namen wie Gavin Bryars, Robert Moran und natürlich John Adams tauchten da auf, wobei ich diese Herren eher als »Spätminimalisten« bezeichnen würde. Dann wurden Leute wie Rhys Chatham oder Kyle Gann genannt, die einer zweiten Generation zugehören, die mitunter als »Totalismus« bezeichnet wird. Gemeint sind damit komplexere Rhythmen und diverse Einflüsse, aber insgesamt immer noch der Zwang zum Repetetiven. Ich würde den Begriff allerdings anders interpretieren. Totalistisch wird Minimalismus dann, wenn das Repetetive ins Extrem getrieben wird. Der Rhythmus wird zur Frequenz, die Frequenz zum Vibrato, das Vibrato zur Klangfläche. So treffen sich zwei bis heute populäre Verweigerungstendenzen in der zeitgenössischen Komposition. Diesem Durchgang des Akzentuierten ins Indifferente noch kreative Aspekte abzugewinnen, ist eine ziemliche Herausforderung, die dem Oberösterreicher Peter Ablinger mit der mittlerweile zweiten Fassung seiner Regenstücke eindrucksvoll gelungen ist; zwar in Form eines naturalistischen Rückgriffs, aber deswegen umso zugänglicher. Die Regenstücke auf Volume 1 standen noch ganz im Zeichen einer instrumentalen Reduktion (sie waren für je drei Klaviere und je drei Schlagzeuger komponiert), die sich auf »Vol. 2« mit der »konzertanten Installation mit 8 Glasröhren« teilweise wiederholt. Die drei kürzeren Stücke (für »komputergesteuerte Klaviere«, Soundinstallationen und Symphonieorchester) öffnen das Klangspektrum allerdings erheblich – sehr zur Freude des Hörers. Waren die »Regenstücke Vol. 1« in ihrer monotonen Beharrlichkeit noch ein relativ harter Knochen, so sind neuen Stücke wesentlich zugänglicher. Und wenn am Ende des Symphoniestücks »Landschaftsoper Ulrichsberg, Regen« der Publikumsapplaus zum Teil der minimalistischen Kür wird, schimmert sogar ein Hauch Ironie durch die Beharrlichkeit. Großartig.
Peter Ablinger
»Regenstücke Vol. 2«
God Records
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