»Post-Everything« ist die letzte Platte einer Trilogie, in der Sylvain Chauveau das Popsongformat auf gewisse Weise dekonstruiert. Leider kenne ich die ersten beiden nicht, jedenfalls ist die dritte tiefenmelancholisch unter die Haut gehend. Schon der Auftakt, das 12-minütige »Find What You Love And Let It Kill You« ist eine Offenbarung. Im Trigesang mit Chantal Acda und Myriam Pruvot tut sich, begleitet von flirrender Elektronik, märchenhaft Schöngeistiges auf. David Sylvian ist vielleicht ein Referenzpunkt, weil die Songs des Albums elegant wie fragil in bescheidener Pracht blühen. Noch romantischer und stimmlich noch mehr an Sylvian erinnernd sind die mit spärlicher, akustischer Gitarre vorgetragenen Lieder, die allein im Titel Essenzen transportieren, etwa »The Unstoppable Sex Machine« oder »On The Influence Of Planetary Attraction«, worin ab der Hälfte karges elektronisches Beiwerk die akustische Gitarre ablöst. Besonders eindringlich gerät »No Rest For The Wicked«, wieder mit Backgroundvocals-Engel Myriam Pruvot und jenseitigem Flirren. Wo keine Hoffnung ist, lässt mensch seine wahre Liebe sterben: »I am broken everytime« … Fürwahr erschütternde Lyrics, doch schließt das Album mit »Seven Ways Mushrooms Can Save The World«. Mag die Zukunft doch verheißungsvoll sein, Kinderstimmen-Field-Recordings bescheren darin immerhin einen versöhnlichen Ausklang. Und Löwenkinder tollen auf dem Cover herum, in einer ungerechten Welt. Die Masse der Musikjournaille hat wohl eines der schönsten Alben 2017 außer Hörweite gelassen.
Sylvain Chauveau
»Post-Everything«
Brocoli
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