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Lonnie Holley

»Tonky«

Jagjaguwar

Wieder unter den Fittichen von Produzent Jacknife Lee entfaltet »Tonky«, das bereits vierte Soloalbum von Lonnie Holley auf Jagjaguwar, eine Mood zwischen Aufruhr und versöhnlicher Kontemplation. Eher dazwischengestreut wirken Miniaturen mit Starbeteiligung von Harfenistin Mary Lattimore (»Life«) bis Saul Williams (»Those Stars Are Still Shining«). Der Widerstand des 75-Jährigen aus Birmingham, Alabama, der auch ein beachtliches Werk als bildender Künstler geschaffen hat, ist ein »Protest With Love« (Signature Song No. 4!). Dieser kann zwar am miserablen Weltenlauf nichts ändern, weil mafiöse Staatenlenker und habgierige Eliten Menschen- und Naturrechte verachten, aber besagt, dass Liebe als Gegensatzpart zum Hass die eigentliche Alternative ist, während eine Negativspirale an Gewalt gegen Flora und Fauna, die die Menschheit einschließt, in den Abgrund führt. Deshalb berührt ein Lied wie »The Burden«, geschmückt mit dem unvergleichlichen Klarinettenton von Angel Bat Dawid, ungemein oder kann die »Strength Of A Song« mit sparsamem Saxofon-Einschub von Alabaster de Plume beeindrucken. »What’s Going On?« mit Isaac Brock von Modest Mouse ist dagegen ein vorwärtspreschender Electro-Song beziehungsweise steckt »I Look Over My Shoulder« voll noch dramatischerer Spannung, die Billy Woods mit knappen Raps krönt. Gleich darauf wieder astrale Selbstbeschau: »Did I Do Enough?« floatet gleichsam ins Universum, begleitet von soulfullen Synthschwaden und Streichern samt wunderschönen Vocals der Songwriterin Jessica »Jesca« Ada Hoop. Schlusspunkt ist das sich in lichte Himmelshöhen schraubende »A Change Is Gonna Come«, womit klar ist: Das Album kann was, kaum zu vergleichen aber mit Lonnie Holleys gegenwärtigem Live-Trio. Dieses featurte am 11. Mai 2025 beim Donaufestival Krems die begnadete Moor Mother mit filling instruments und hinreißenden Duettgesängen mit Keyboarder/Sänger Holley sowie einen grandiosen Gitarristen, der den swampy Südstaaten-Gitarrensound à la Neville Brothers voll draufhat. Bereits eingangs wurde mit dem langen Albumopener »Seeds« die Saat für eine spirituelle holy raw mess des Guten gelegt. Sie ist aufgegangen, das Trio zeigte enorm Präsenz und interpretierte meist Songs von gegenständlichem Album voll spiritueller Inbrunst auf hohem Energielevel. Derart konnte der finale Schlusssong nur in einem Gospel-Hochamt gipfeln. Unvergessliche Magie, erlebt in der von Kaiser Joseph II säkularisierten Minoritenkirche in Krems/Stein. Ob sich dieses Ereignis auch auf ein Live-Album übertragen ließe, wäre einen Versuch wert. Einstweilen begnüge ich mich mit »Tonky«, denn auch darauf gilt: Lonnie Holleys Musik ist eine healing force, spendet Trost.

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