Stefanie Sargnagel, Puneh Ansari und Toxische Pommes. Drei österreichische Autorinnen, die jeweils verbindende Elemente in ihrem Lebenslauf haben: Alle drei sind Millennials, leben und arbeiten in Wien, haben ihren Erfolg auf Social-Media-Formaten begründet und finden sich in diesem Jahr auf meiner Leseliste – und vielleicht auch bald auf eurer. Hier drei kurze Buchrezis für den Sommer.
Stefanie Sargnagel: »Iowa« (Rowohlt, 2023)
Der zweite Roman von Stefanie Sargnagel nach »Dicht« (2021) wirkt geübter und scheint der Wiener Autorin (trotz gegenteiliger Social-Media-Kommentare) leichter von der Hand gegangen zu sein. Bei »Dicht« empfand ich vor allem die Zeitform als unpassend, der Imperfekt mag der Nostalgie nach Kindheits- und Jugendjahren geschuldet sein, klingt aber ein bisschen nach Schulaufsatz, wenn man den Mittendrin-statt-nur-dabei-Vibe der Bonmot-Schreiberin gewohnt ist. Eine Lektion, die Sargnagel in »Iowa« gelernt hat, denn der Reisebericht wird im Präsens erzählt und wirkt damit wesentlich lebendiger und leichter. Anders als »Dicht« lässt »Iowa« mich auch öfters laut auflachen, insbesondere dort, wo Reisegefährtin Christiane Rösinger der Autorin in Fußnoten ins Wort fällt und die zwei sich als literarische Waldorf & Statler kongenial ergänzen. Hier findet sich auch das bewährte Sargnagel’sche Talent wieder, Dinge in entwaffnender Klarheit und mit scharfsichtigem Humor auf den Punkt zu bringen. Darin liegt die wahre Stärke der Autorin, davon wünsche ich mir in Zukunft wieder mehr.
Puneh Ansari: »Hallo Everybody« (mikrotext, 2023)
Puneh Ansaris Erstlingswerk »Hoffnun’« (2017) war trotz oder wegen seiner unorthodoxen Aufmachung schwer zu verdauen. Das Format Facebook-Posts kennt man ja schon von der oben erwähnten Kollegin Stefanie Sargnagel, die dieses salonfähig gemacht und darauf ihre Karriere begründet hat. Allerdings waren Sargnagels Gedanken geordneter – oder vielleicht einfach ihre Texte besser redigiert. Bei Ansaris Debüt versperrten die wirre Rechtschreibung und Grammatik teilweise den Weg zum Verständnis und dabei blieb leider auch der Witz auf der Strecke. Das hat sich mit ihrem zweiten Buch »Hallo Everybody« geändert. Die Texte sind darin weit besser strukturiert (Bezifferung sei Dank!), die Schreibweise ist weniger kryptisch und auch die Gedankengänge selbst sind klarer, stringenter, zugänglicher, nachvollziehbarer. So kommt auch der skurrile Humor in ihren Texten um einiges besser zu tragen, ihr fantastischer Stream of Consciousness und ja, ihre poetische Ader. Das heißt die Autorin endgültig auf dem literarischen Parkett willkommen und gibt tatsächlich Hoffnun’ auf mehr.
Toxische Pommes: »Ein schönes Ausländerkind« (Zsolnay, 2024)
»Was hat uns Österreich gekostet? Meinen Vater seine Stimme, meine Mutter ihre Lebendigkeit. Und mich? Meinen Vater.« So endet der Debütroman »Ein schönes Ausländerkind« von Toxische Pommes. Die durch ihre sarkastischen und gesellschaftskritischen TikTok-Videos bekannt gewordene Autorin erzählt darin die Geschichte der Einwanderung ihrer Familie in den 1990ern-Jahren zur Zeit der Jugoslawienkriege – und zugleich der Entfremdung von ihrem Vater, dem die Integration nicht so recht gelingen will und der sich damit zunehmend auch innerhalb der eigenen Familie ins Abseits stellt. Eine bittersüße Coming-of-age-Story, die unverkennbare Spuren des für die Autorin typischen Zynismus aufweist, bei der einem aber auch ab und zu das Lachen im Hals stecken bleibt, denn nicht nur der Krieg, auch der familiäre Konflikt hinterlässt tiefe Wunden. Trotz allem ist der Roman aber auch ein nostalgisches Zeugnis einer Kindheit zwischen Balkan und österreichischer Provinz, mit dem man sich als Kärntnerin mit slowenischen Wurzeln auch ohne Kriegshintergrund gut identifizieren kann.