Es ist schwer möglich, auf den Iran zu blicken, ohne eine irritierende Spaltung wahrzunehmen. Einerseits sind da die religiösen Führer, die mit gepflegtem Bart und Tracht ein wenig den Spirit des 14. Jahrhunderts aufleben lassen wollen und dies leider mit all seinen archaischen Widerwärtigkeiten, wie Auspeitschungen, Hinrichtungen und perfider Unterdrückung. Andererseits ist da eine moderne, aufgeklärte Gesellschaft hochgebildeter, gastfreundlicher und weltoffener Menschen. Mehr noch, letztere demonstrieren immer wieder energisch für ihre Rechte.
Frau, Leben, Freiheit
Der Iran zeigt, wie »moderner« Faschismus funktioniert. Alles ist im Land doppelt, es gibt zwar einen Staat, einen gewählten Präsidenten, gewisse Bürger*innenrechte, aber zugleich gibt es auch einen Wächterrat, einen unumstößlichen religiösen Führer und dessen Launen, die gerne auch mal das krasse Gegenteil dessen sein können, was im Koran zu lesen ist. (Kurzversion für religionsgeschichtlich Interessierte: Der Prophet Mohammed fand Frauen nicht scheiße.) Die Verdopplung schafft Unsicherheit und Willkür und genau die ist auch intendiert. Hinzu kommt der Schmäh, der in allen Religionen und der auf ihnen gründenden Herrschaft der gleiche ist: Die historisch-kritische Exegese wird verboten und so bleibt unverständliches Zeug übrig, das vor eineinhalb- oder zweieinhalbtausend Jahren einmal für Menschen in der Wüste einen Sinn ergab und tatsächlich Recht und Ordnung schuf. Heute hingegen dienen die heiligen Schriften dazu, Menschen eine Gruppenidentität und Hierarchie aufzuzwingen, die nichts mit Spiritualität oder Offenbarung zu tun haben, sondern meist einfach plumpe Lügen sind.
Das Ziel des Kampfes um »unsere Kultur«, wie es hierzulande heißt, ist immer die Stärkung des bestehenden Machtapparates. Deshalb ist der Kampf im Iran so bedeutsam, denn die Frauen und Männer, die im Iran auf die Straße gehen, wollen sich da nicht mehr miteinplanen lassen. Sie kämpfen deshalb auch für eine andere Weltgesellschaft, die der Unterdrückung das Recht gegenüberstellt und der Hierarchie die Solidarität. Mit diesem Kampf sieht es gerade nicht unbedingt gut aus. Die aktuellen Rückschläge reichen von Minsk über Tel Aviv bis Teheran. Überall droht sich die Herrschaft gegen den demonstrierten Bevölkerungswillen durchsetzen. Grund genug, im skug Talk zu fragen »Iran: Wo bleibt die Revolution?« Wie sieht die Lage vor Ort, insbesondere für die Frauen, aus, welche Formen von Protest gibt es gerade, wie kann dieser vom fernen Wien aus unterstützt werden und lässt es sich doch noch verhindern, dass sich wieder das Regime durchsetzt?
Im skug diskutiert u. a. die Autorin Anahita Tabrizi mit Ania Gleich (skug) und Frank Jödicke (skug). Anahita Tabrizi arbeitet in der Österreichischen Agentur für Entwicklungszusammenarbeit. Aktuell ist von ihr zum Iran der äußerst lesenswerte Artikel »The Whole World is Watching« in der Ausgabe #101 der MALMOE erschienen. Die neue Ausgabe der MALMOE wird auf dem Salon ausgelegt sein und Team skug wird versuchen, die wunderbare Arbeit unserer lieben BAM!-Kolleg*innen von der MALMOE angemessen zu würdigen.
Viele Gitarren und wieder eine Premiere
Dank »Shameless« wissen wir, dass das Leben sich in Klo und Bad abspielt. Folgerichtig geht Rambo Kasablanka nie ohne Stromgitarre duschen, weil hier die Sounds von oben und unten kommen. Wem wäre mit der Zigarette im Mundwinkel auf dem Klo sitzend noch nicht aufgefallen: Es muss einfach mehr getanzt werden? Denn der Struggle ist real, aber Rambo noch realer! Wer die Asche der Stone Roses durch die Gitarrenwand von My Bloody Valentine schmeißt, hat das gecheckt, bevor jemand über die Schuhbandeln stolpert. Dass Rambo Kasablanka außerdem rauscht, als hätte man die Cocteau Twins in den 1980ern im Kassettendeck vergessen, spricht für die Scheiß-drauf-aber-wird-schon-Haltung der vorletzten Generation. Vielleicht linst Rambo deshalb mit einem Auge in die verlorene Vergangenheit, während das andere in die TikTok-Future schielt. Mit »Berry Frost« erschien jedenfalls eine EP, die sich noch nicht entschieden hat. Hier Bild- und Tonaufnahmen zum Mitfeiern auf dem heimischen Sofa:
Dann heißt es im Salon Reüssieren im Dauerbetrieb. Erstmals steht Lavandine auf den Sperrholzplatten, die wenige Zentimeter über dem Untergrundboden montiert sind und dennoch den Ausblick in die Ferne einer wohlverdienten Musiker*innenkariere erlauben. Max Mrak ist wieder da, der mit seinem ebenfalls als Bühnenpremiere durchgezogenen Gig als Orange Gone noch in bester Erinnerung sein dürfte. Jetzt legt er nach und das Publikum sollte schon den Unterkiefer zum nötigen Stoßseufzer der Hingabe lockern, weil mit Lavadine ein »bissi Dreampop, bissi Shoegaze« auf die Bühne kommt. Mehr kann und darf Max Mrak nicht vorwegnehmen. Mit vollem Recht neugierig Gewordenen könnten mit Lavandine, Mraks neuer Traumtruppe, den Spotify-Algorithmus durchleuchten. Schließlich schleppen Lavandine noch Verstärker und Gitarrenkoffer, scheppern also in Bandbesetzung und spielen so im rhiz ihr erstes gemeinsames Konzert. Warum man sich das geben sollte, hört man am besten vor, bevor Formatradios den »Flash« entdecken:
Der Eintritt ist wie immer frei, um Spenden wird gebeten und los geht es am 9. März 2023 im Wiener rhiz. Wir freuen uns auf euch!