Jede*r, die*der schon mal auf einem Konzert mit etwas härterer Musik war, kennt die Angst vor dem, was passiert, wenn die Zeit fortschreitet und die konsumierten Lebensmittel der langhaarigen, in Leder gekleideten Gestalten ihren Weg durch die Eingeweide nehmen, um schlussendlich gasförmig wieder zu entweichen. Nicht so auf Konzerten von modernen Indie-Rock-Bands, deren Publikum geschlechtlich angenehm durchmischt ist und wo man sicher sein kann, dass höchstens ein leichtes Bio-Zisch hinten rauskommt. Dieses Gesetz greift allerdings kaum, befindet man sich auf gefühlten 100 m² mit gefühlten 300 Leuten auf einem Konzert zweier grandioser Gruppen, die kaum jemandem die Möglichkeit geben, kurz die Sauna zu verlassen, da man wirklich einiges zu verpassen hätte. Kurz: Es ist extrem heiß, kaum Luft, die Hände schrumpelig, nur vom Luft zuwedeln, und die Stimmung sehr gut. Auf der Bühne gleichfalls.
Opener am Samstag, dem 24. August 2019 im Internet Explorer sind Peaness (hehe, Penis), Dreiergespann aus Cheshire, Großbritannien. Mit zwei EPs im Gepäck schaffen es die drei Musikerinnen, allen Fans, die vor allem wegen der Nachfolgeband da sind, die Ohren zu öffnen, und sorgen für Begeisterung. Gut gespielter, poppiger Indie-Rock, mit zwei tollen Sängerinnen, melodiösen Bass- und Gitarrenläufen und souveräner Schlagzeugerin. Kraftvoll vorgetragene, eingängige Songs, die nie ins Destruktive abdriften. Sympathisch bis zum Schluss, ohne fad zu sein. Guter Gute-Laune-Pop-Rock mit genug Wumms.
The Beths dürften Freund*innen des Genres Indie-Rock, in dem neue Formationen wie Pilze aus dem Boden schießen, als Ausnahmeerscheinung bekannt sein. Zuletzt haben sie 2018 ihren Erstling »Future Me Hates Me« veröffentlicht, mit dem sie jetzt auch wieder in Deutschland touren, zum dritten Mal in Berlin mittlerweile, wohlgemerkt. Und sie sind sehr gut. Man merkt ihnen ihre tonnenschwere Spielerfahrung an, die jedoch glücklicherweise nichts von der Spielfreude genommen hat, die erschwerten Umstände in der Sauna mit einbegriffen. Da ihr erstes Album bloß aus Klassikern besteht, ist der Abend auch von Klassikern bestimmt, also höchst gekonnt geschriebenen Songs, die zwischen leisem Optimismus und süßer Melancholie changieren, introspektiv und umarmend. Doch auch ein paar neue Tracks eines zu erscheinenden Albums sind inbegriffen und so viel sei gesagt: Sie sind gut und noch eine Nummer härter, verzerrter, mehr Punk. Hui. Wer die Band noch nicht kennt und das kommende Ende des Sommers mit frischer Sommermusik ausklingen lassen will, hier, bitte. Und dann zum hoffentlich baldigen nächsten übergehen.
Links: https://thebeths.com/
https://peanessband.bandcamp.com/