Bereits im Jahr 1980 mündeten die einstigen Avant-Jazztage in Nickelsdorf im Burgenland in das Festival Konfrontationen. Der Name war seither Programm. Tonalen Schönklang und herkömmliche Harmonien suchte man dabei aber seit jeher weitestgehend vergeblich. Dominant war und ist hingegen der freitonale und konfrontative Freistil, der auch in diesem Jahr wieder etwa 500 Leute unter anderem im Hof der Jazzgalerie beschallen wird.
Hans Falb, Gründer und Mastermind des Festivals, gilt unter den Free-Jazz-Ultras zu Recht als Legende. Dabei sieht er sich eigentlich gar nicht als großer Jazzfestival-Zampano, sondern als Wirt. Die Jazzgalerie betreibt er nämlich ansonsten als Restaurant und Dorfgasthaus. Einmal im Jahr wird das erweiterte Gasthausareal aber zum Festivalgelände. Dass dabei der Wirtshauscharakter nicht verloren geht, ist die große Stärke der Konfrontationen. Streng abgetrennte Eintritts- und Aufenthaltsbereiche existieren hier nämlich nicht.
Aufhebung der feinen Unterschiede
Das führt fast zwangsläufig dazu, dass Größen wie Mats Gustafsson, ein Fixstarter in so gut wie jedem Festivaljahr, neben dem rural-verwahrlosten Musikhörer aus der Region zu stehen kommen, man gemeinsam an der Bar ausgewählte Kaltgetränke zu sich nimmt und sich dabei unterhält. Im Wirtshaus sind schließlich alle gleich und niemand fragt nach Stand, akademischem Titel oder sonstigem. Standesdünkel und Fankult überschreiten die Schwelle des Wirtshauses erst gar nicht.
Ein Wirtshaus sind die Konfrontationen außerdem auch in dem Sinne, dass die vertrauten Gesichter in der Überzahl sind. Nicht nur die durch Österreich und den gesamten deutschsprachigen Raum tingelnde Improvisationsmusik-Community trifft man mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch 2018 geschlossen an, sondern auch MusikerInnen, die einem Jahr für Jahr beim Festival begegnen. Das erlaubt einem einerseits, musikalische Entwicklungen nachzuverfolgen, und andererseits, manchmal auch nur mit einem halben Ohr zuzuhören, weil man besagte KünstlerInnen schon im Vorjahr erleben durfte, wenngleich höchstwahrscheinlich in anderer Konstellation.
Programmhighlights 2018
Auch in diesem Jahr haben die beiden Kuratoren Hans Falb und Reinhard Stöger wieder ein Programm für die Feinspitze der Szene und solche, die es noch werden wollen, zusammengestellt. Dabei wird das Wirtshaus live übertragen, da nicht alle Konzerte im Hof der Jazzgalerie über die Bühne gehen. Bespielt wird auch der Kleylehof und die evangelische Kirche.
Offene Ohren sollte man stets im Gepäck haben, egal wohin man sich während des Festivals auch begibt. Bei den diesjährigen Namen beginnen aber auch die Augen zu glitzern. Didi Bruckmayr, österreichische Performance-Legende und wilder Hund, ist beispielweise zu Gast. Den heuer gastierenden Schlagzeuger Tim Daisy kennt man ebenfalls aus vergleichbaren Musikkontexten, ebenso wie seinen Handwerkskollegen Paul Lovens. Und dabei war noch nicht einmal die Rede von Stimmradikalist Phil Minton oder Tenorsaxophonist Evan Parker, die beide in der Freimusikszene zu Recht abgöttisch verehrt werden.
Highlight verspricht dabei womöglich der überaus wendige, genrefluide und hochvirtuose Trompeter Peter Evans zu werden, der unter anderem zu einem Solokonzert in sakralem Rahmen laden wird. Damit setzt er auch ästhetisch einen Konterpart zu den sonstigen Ensembles, bei denen die große Form mit drei oder mehr MusikerInnen weit verbreitet ist, um die volle Dröhnung Freitonalität und Radikalität möglichst konfrontativ und lautstark an die nach etwas anderen Klängen dürstenden Ohren gelangen zu lassen.
Dieser Durst nach Radikalklängen wird von 19. bis 22. Juli 2018 garantiert gestillt. Auch die eine oder andere Neuentdeckung ist wohl dabei, denn das Wechselspiel zwischen altbewährter Radikalität und vereinzelter unerwarteter Ästhetik- und Klangabweichung ist in Nickelsdorf bereits legendär.