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Viech

»Heute Nacht nach Budapest«

Phonotron

Paul Plut ist vielbeschäftigt, keine Frage. Wenn er auch seinen Job als Musiklehrer an einer Wiener Volksschule inzwischen an den Nagel gehängt hat, bleiben immer noch drei Bands, in denen der geborene Steirer eine maßgebliche Rolle spielt. Neben Viech sind das das Bluespunk-Duo Marta und sein markant-düsteres Soloprojekt. Das am ehesten einem größeren Publikum gefällige Projekt ist Viech, mit dem Herr Plut im reduzierten Trioformat (zu Beginn war Viech ein Duo, danach sogar ein Quintett) aktuell »Heute Nacht nach Budapest« vorlegt. Christoph Lederhilger (Drums, Stimmbänder), Martina Stranger (Bass, Gesang) und eben Paul Plut bilden also die aktuelle Viech-Metamorphose, die sich mit catchy Songs vom Pop-Appeal des Vorgängeralbums »Yeah« wieder mehr in Richtung rumpeliger Indierock ohne nervige Rockismen bewegt hat. Die phasenweise Euphorie in den bisherigen Veröffentlichungen von Viech scheint aber im Laufe des vergangenen Jahres irgendwo verloren gegangen zu sein, was das Album jedoch keinesfalls schwächer, sondern nur eben etwas anders klingen lässt.

Als Trio entwickelt Viech eine neue Kompaktheit, die mit dem Gesang von Lederhilger und noch mehr mit der hellen Stimme von Bassistin Stranger Pluts eindringlichem, voluminösem Grubenhundvortrag hellere Klänge entgegensetzen. Den Themen der Stücke nach zu schließen, dürfte sich auch privat einiges getan haben beim exzellenten Gitarristen Plut, dessen Texte immer eine strenge Qualitätskontrolle von (auch) Werbetexter Christoph Lederhilger durchlaufen müssen. Es sollen ja viel mehr Songs geschrieben worden sein, von denen es nur wenige auf das Album geschafft haben. Das Stück mit dem größten Hitpotenzial des Albums ist auch das schlichteste: Die Vorabsingle »Ich hab viele Fehler gemacht« mit dem tragikomischen Arschgeweihbild im Booklet und dem launigen Video verblüfft mit entwaffnender Geradlinigkeit, perfektem Klirrfaktor und entwaffnendem Zug zum Tor. Paul Plut mag schon den einen oder anderen Fehler gemacht haben, in seinem inzwischen ausufernden musikalischen Werk sind diese aber kaum zu finden.

PS: Nutzen Sie die Gelegenheit, sich Viech live anzusehen. Mit etwas Glück trägt Paul Plut wieder diesen maximal unhippen, viel zu großen Anzug, der ihm einen grotesk-clownesken Anstrich gibt. Neben viel Talent hat der Mann auch viel Humor.

Home / Rezensionen

Text
Stefan Koroschetz

Veröffentlichung
28.06.2018

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