Die Kölner Band Workshop bestand von »1987–2004«, und der nüchterne Titel der Werkschau, die jetzt auf Sonig, einem Kölner Label aus dem Umfeld des Plattenladens und Mailorders a-musik, erschien, versammelt Lieder und Tracks aus allen Schaffensphasen der Band, die es während ihres Bestehens auf sechs Studioalben brachte. Diese Veröffentlichungen fielen stilistisch jeweils recht unterschiedlich aus, zeichneten sich aber alle durch eine freundlich-neugierige Verspieltheit aus, einen unbekümmerten musikalischen Ansatz, der zu gleichen Teilen kauzig, charmant und amateurhaft daherkam und immer überzeugte, und diese Qualitäten von Workshop dokumentiert die vorliegende Zusammenstellung eindrucksvoll. Jetzt also gleich im zweiten Satz das Fazit, aber vielleicht noch einmal einen Schritt bzw. ein paar Jahre zurück. 1987 war Köln noch die Wahlheimat der poplinken Intelligenz, die »Spex« residierte an der Aachener Straße, die Welt war eine andere. Ich kann das jetzt nicht alles erklären, noch nicht einmal anreißen, ich schreibe ja kein Buch, sondern nur eine Rezension. Dabei ist kürzlich ein Buch erschienen über Köln, die »Spex«, Texte zur Kunst usw. – aber worauf ich hinauswill, das kommt in »Wir waren hochgemute Nichtskönner. Die rauschhaften Jahre der Kölner Subkultur 1980–1995« von Gisa Funck und Gregor Schwering gar nicht vor, oder nur ganz am Rande. Weil, okay, Workshop waren auch mit Blick auf den im Buch gelegten Schwerpunkt spät dran, aber, These: Workshop waren auch eh zu kauzig, zu eigen, zu versponnen, verdreht und verträumt. Mit einem Fuß in der Vergangenheit (vor 1980), mit dem Kopf in den Wolken und fragt mich nicht, wo der andere Fuß war. Vielleicht auf der Fußmaschine vom Schlagzeug, das, und damit kommen wir zur Musik, zum Auftakt der Werkschau für »Fabienne« fünfzehn Minuten lang groovt und rumpelt, dass gleich der Verdacht im Raum steht, es werde einem ein nicht veröffentlichter Track von Can untergejubelt, der nicht genutzt wurde, da weiland Jaki Liebezeit nicht ganz auf der Höhe war (vielleicht verkatert), daher das Rumpeln. Aber egal bzw. ist ja Workshop und nicht Can, da geht es etwas hemdsärmeliger zu, aber mit Enthusiasmus. Und warum auch nicht! Weiter geht’s mit »Großer Terpentinsee«, das wiederum erinnert schon arg an Witthüser & Westrupp, wenn die ihr Abitur gemacht hätten (haben sie nicht, oder?) … Und so geht es in einem fort, gut 80 Minuten lang. Aber, assoziative und fahrlässige Albernheiten hin, Krautrock her – Workshop waren keine Retroband. Das zu behaupten, wäre wirklich grober Unfug, schon allein deshalb, weil allen historischen Bezügen und Auffälligkeiten zum Trotz die zitierten musikalischen Formen immer wieder aufgebrochen und die beliehenen Stile auf links gezogen und erweitert wurden. Dance-Music, Funk, HipHop, Psychedelia, Jazz- und Artrock? Für Workshop kein Problem, alles wurde munter mitverarbeitet. Lange bevor die Vokabel »weird« für experimentelle Popmusik in aller Munde war, haben Workshop alles Mögliche und Unmögliche lustvoll und unerschrocken durcheinander und in einen Topf geworfen und in den Jahren ihres Bestehens Musik gemacht, die heute noch so fantastisch, lebensbejahend und frisch klingt, wie ich mir vorstelle, dass es damals gewesen sein muss (ich war ja nicht dabei). Vergleichsweise fallen mir nur die Stuttgarter Metabolismus ein, aber das ist eigentlich auch wieder eine ganz andere Baustelle. Na, jedenfalls ist es wirklich spitzenmäßig, dass Sonig mit dieser Veröffentlichung an Workshop erinnern. Jedes der dokumentierten 17 Stücke steht auf seine ganz eigene Art für sich und doch fügt sich das Doppelalbum zu einem eigenwilligen, abwechslungsreichen Ganzen. Wer die Zusammenstellung der Auswahl nach zu verantworten hat, verraten die Produktionsnotizen zum Album nicht; nicht einmal die personelle Besetzung wird auf der Veröffentlichung vermerkt. Das ist eher ungewöhnlich und sowohl bescheiden als auch einer gewissen geheimnisvollen Aura nicht unzuträglich, sind die Köpfe von Workshop doch mehr und minder prominent (heute). Auf der Innenseite des Gatefold-Covers nur eine Fotografie zweier junger Männer, blutjung, hip und auch für den heutigen Geschmack noch »in style«. Wer sie kennt, weiß Bescheid, wer sie nicht kennt, sollte nicht zögern und sie kennenlernen!
Workshop
»1987–2004«
Sonig
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