In einem Interview positionierte sich der Wiener Autor Xaver Bayer folgendermaßen: »Meine Themen sind Einsamkeit, Verzweiflung, Hilflosigkeit, Paranoia und Todesangst, Exzessivität, Schönheit, Wahrheit, was auch immer das heißen soll.«
Mit dem nun vorliegenden Debütroman »Heute könnte ein glücklicher Tag sein« hat er diese programmatische Aussage umgesetzt und bestätigt. In einer Art Gegenposition zu Camus‘ Menschen in der Revolte ist sein namenloser Protagonist ein Getriebener, der kaum Einfluss auf sein Leben und seine Umwelt zu haben scheint, und auch nicht wirklich haben möchte, vielmehr scheint ihm »meine Gegenwart undenkbar zu machen« als Alternative. »Immer nur Sekunden von den Eindrücken berührt«, taumelt er durch die nach Jahreszeiten angelegte Handlung, gibt sich einer bewussten Planlosigkeit hin.
Drogen, Alkohol und Promiskuität trösten immer nur kurzfristig über die bedrückende Monotonie der Realität hinweg; Versuche aufrichtigen Entkommens – »als wäre heute wirklich ein neuer Tag« – scheitern fast zwangsläufig, ein sich Ergeben ist die Folge: »Ich werde dasselbe tun wie immer.«
Es ist der Fluch der ständigen Wiederholung, der dem Protagonisten die Möglichkeit nimmt, seinen Lebensumständen etwas dauerhaft Positives abzugewinnen, ist jeder Ausweg aus dem gelebten Nihilismus hier doch durch das Stigma der Flüchtigkeit und Unbeständigkeit belastet und auch entwertet: »Einmal zum Beispiel habe ich mich nach einem bestimmten Mädchen gesehnt, und als ich sie dann sah, wünschte ich ihr oder mir den Tod, so unwohl fühlte ich mich.«
Der Autor partizipiert von Ellis‘ »Unter Null« ebenso wie von Robert Irwins »Verrückte Leidenschaft«, versteht es meisterhaft Stimmungen nachzuzeichnen und Biographeme einzuflechten, ohne sie zu offensichtlich als solche auszuweisen. Das Werk kann also keineswegs leichtfertig der Pop-Literatur zugerechnet werden; verbirgt sich unter der Oberfläche aus Schein, Täuschung und Scharade – einer Oberfläche, der sich auch der Protagonist nicht immer entziehen kann – doch ein Abgrund, der sich zuletzt auch tatsächlich auftut: »Ich halte einfach keine Idylle aus, glaube ich.«
Xaver Bayer
Heute könnte ein glücklicher Tag sein. Roman, 188 Seiten
Salzburg: Jung und Jung 2001
DM 39,-; sFr 39,-; öS 285,-; EUR 20,71