Okay, Medienpolitik. Denjenigen, die sich jetzt über sich selbst wundern und fragen, warum sie immer noch im vielleicht langweiligsten skug-Artikel der Dekade lesen, sei schleunigst entgegnet: Medienpolitik betrifft uns alle! Wenn der unabhängige Journalismus weiter abgekragelt wird, dann fehlt die Stimme von außen. Große Medienhäuser haben zuweilen die ungute Tendenz, mit den Machtzentralen in Politik und Wirtschaft zu verwachsen. Eine offene Gesellschaft, eine plurale und vielstimmige Demokratie braucht aber auch die Sichtweisen vom »Rand«. Deswegen engagiert sich skug seit Anbeginn bei BAM!, dem Bündnis alternativer Medien, und wir sehen, dass mit dem neuen KommAustria-Gesetz heimlich, still und leise (während der Covid-Krise) eine Art Marktbereinigung vollzogen wird. Dabei könnte gerade jetzt entgegengesteuert werden.
Geld wäre vorhanden
Die österreichische Regierung hat mit ihrer Besteuerung der Internetriesen einen Überraschungserfolg gelandet. Es gab Millionen an zusätzlichen Steuereinnahmen. Während die Riesen bei den wesentlich strengeren Gesetzesänderungen in Australien auf hart spielen, ließ man Felix Austria die kleinen Steuerhöhungen durchgehen und gab die Kosten einfach an die Werbekunden weiter. Fein, warum nicht? Überall auf der Welt, neben Australien und Austria wäre noch Frankreich zu nennen, dämmert den Regierungen, dass etwas geschehen muss, weil Google und Facebook bald den gesamten Werbemarkt unter sich aufgeteilt haben. Diese Gelder waren historisch immer zur Querfinanzierung des Journalismus nötig. Heute verdienen auch die großen Medienhäuser fast nix mehr über Anzeigen, selbst wenn dies bis zur Selbstaufgabe getrieben wird, wie etwa beim berüchtigten Verkauf der Frontseite. Die Einnahmen sind zu wenig und zu spät, allein weil bedrucktes Papier aus der Mode kommt. Den Beleg dafür liefert der Supermarkt um die Ecke, aus dem die Zeitschriftenregale längst verschwunden sind. Also lautete der nicht ganz falsche Plan der österreichischen Bundesregierung: Geld von denen, die mit Werbung verdienen, umschleusen zu jenen, die dies kaum mehr tun, und dabei sogleich den unaufhaltbaren Wandel zur Digitalisierung befördern.
So weit, so okay-ish. Nur, was geschieht konkret? Kommt das Geld bei denen an, die die journalistische Arbeit machen? Nö, nicht wirklich. Durch das KommAustria-Gesetz können in einem ersten Schritt 34 Millionen ausgeschüttet werden. Kein Pappenstiel somit. Ideal auch für die Berufsgruppe der Journalist*innen, die eine der höchsten Arbeitslosigkeitsquoten aufweist. (Dank Covid liegt jetzt natürlich der Tourismus ganz vorne.) Hier nun der erste unnötige und falsche Ausschließungsprozess. Die skug-Redaktion hatte sich bereits begeistert die Lesebrillen aufgesetzt und die Definition der förderwürdigen Formate durchgelesen: Tages- und Wochenzeitungen, Fernsehveranstalter, nicht kommerzielle Rundfundveranstalter und aus ist die Liste. Selbst nach heftigem Putzen der Lesebrille zeigt sich die unnötig ausschließende Logik der Gesetzgeber*innen: Keinen Cent für Online-Magazine! Wer, wie skug, den Transformationsprozess bereits vollzog und vom Print- auf den reinen Onlinebetrieb umgestellt hat (dies darf als »mit der Zeit gehen« apostrophiert werden), geht ganz selbstverständlich leer aus. Selber schuld, warum so voreilig bei der Einführung des »Digital-Journalismus« und der »digitalen Transformation«? Gefördert wird in Österreich nur, wer noch ordentlich das Papier rascheln lässt. Hierzu darf angemerkt werden, dass skug durch die Printeinstellung ohnehin schon um die Print- und Verbreitungsförderung umfiel, die allerdings vollständig bei der Druckerei abgeliefert werden musste. Förderung der Wortproduktion oder gar der Recherche war dies nie gewesen.
Unterstützt die Redaktionen!
Wenn man aber jetzt von Gesetzgeber*innenseite den Journalismus erhalten will und deshalb die Netzgiganten zur Kasse bittet, dann ist diese gesetzliche Einengung unsinnig. Der Reichtum von Facebook, Google und Co. basiert auf dem Ausbeuten unbezahlter Arbeit. In den sozialen Netzwerken schreiben, editieren, filmen und musizieren die User*innen beinahe völlig unentgeltlich. Bei Facebook gibt es genau nix, bei YouTube beispielsweise erst bei millionenfachem Klick und dann nur winzige Sümmchen. Bei skug finden wir was sich da, verdammt zur Freiheit, im Netz tummelt, zumeist ganz wunderbar, wagen aber anzumerken, dass dies meist nicht einmal den geringsten journalistischen Kriterien entspricht und dass die dort geleistete Arbeit ohne jede redaktionelle Unterstützung auskommen muss. Das Schöne und Gute an einer Redaktion wie skug ist die dortige gelebte Solidarität, das Feedback, die Tipps und die Hilfe, die gerade Autor*innen zu Beginn ihrer Schreibkarriere brauchen.
Und dann kommt gleich der nächste Fehler im Gesetz, der alle »Kleinen« erledigt. Es gibt nämlich eine Mindestanzahl an hauptberuflich tätigen Journalist*innen, die im Medium beschäftigt sein müssen. Dieses Kriterium ist geradezu bizarr weltfremd. Wir verstehen bei skug, wie Ministerien ticken und dass es gerade in der Covid-Krise um den Erhalt von Arbeitsplätzen geht. Nur, der unabhängige Journalismus wird von Menschen betrieben, die keine Festanstellungen mehr haben. Autor*innen, die sich »durchschlagen« mit verschiedenen Schreibjobs und die sich über jede Honorarnote von 50 oder 100 Euro sehr freuen, weil sie ihnen ermöglicht, weiterhin das zu tun, was sie lieben und was sie für richtig halten. Auch die großen Medienhäuser entlassen immer mehr Mitarbeiter*innen in die »Freiheit«. Auch deswegen ist der Fokus auf Festangestellte völlig unsinnig und kontraproduktiv. Wir erlauben uns zu mutmaßen, dass nahezu keines der BAM!-Medien diese Hürde erfüllt, weil das Bezahlen von »festen« Angestellten einfach kaum mehr möglich ist.
Das Gesetz läuft hier also seiner eigentlichen Intention krass entgegen. Wenn Journalist*innen gefördert werden sollen und sie nicht das Schicksal der unbezahlten Web-Autor*innen der sozialen Medien ereilen soll, dann müsste gerade den kleinen Medienunternehmen ermöglicht werden ihren Autor*innen auch gute Honorare zu zahlen. So aber werden nur die letzten, großen Medienhäuser durchgefüttert, die sich ohnehin schon über üppige Förderungen freuen dürfen. An der Lebensrealität unzähliger freier und alternativer Journalist*innen geht dies komplett vorbei. Ihre aufopferungsvolle und gute Arbeit müssen sie weiterhin selbst querfinanzieren (was durch Covid nicht unbedingt einfacher wurde und zudem erhöhen sie in der Krise den Konkurrenzdruck auf andere Arbeitsplätze). Das alles ist ärgerlich und auch unnötig. Wir möchten deshalb an dieser Stelle wiederholen, was wir zuvor bereits sagten: »Bitte her mit der Marie!«