Schon mit dem Debüt »Die Liebe, Da Dod Und Die Aundan Gfrasta« haben Martin Spengler & Die Foischn Wiener in der einschlägigen Szene aufhorchen lassen, mit »Vü Föd Ned« erscheint dieser Tage das vielzitierte schwierige zweite Album. Und es ist mindestens gelungen. Mit dem Instrumentarium Gitarre, Knopfharmonika, Kontrabass, Flügelhorn, Percussion und Rhodes Piano, sowie der essenziellen zweiten Stimme von Manuela Diem entwirft die Band ein sehnsüchtiges akustisches Panorama. Wienerlied ist hier eher eine Kategorisierungskrücke, Spengler selbst sieht sich als Singer/Songwriter, der eben in seiner Muttersprache singt, Wiener Weltmusik oder urbaner Folk fände er aber angemessener. Im Stück »Zuagrasta« wird ein bei Spengler immer wiederkehrendes Thema abgehandelt, das sich schon im Namen der Band findet: wer ist ein echter oder ein falscher Wiener? Sind die echten Wiener nicht eh Berliner oder Montenegriner? Hier werden poetisch Fragen einer vermeintlichen Identität und des Heimisch-Seins oder -Werdens verhandelt. Wo ist Zuhause, Mama? In »Schweakroft«, das instrumental streckenweise auch von Tom Waits stammen könnte, erfahren wir in einem betörenden Wechsel von rau zu zart, dass die Schwerkraft »eh oft nua a Leachalschas« ist. Im Titelsong zieht der hervorragende Texter respektive das lyrische Ich mit einer Frau saufend durch Gürtelkaschemmen und bleibt rätselnd allein zurück, »Da Dod 2.0« ist ein böses Couplet in Hermann Leopoldi-Tradition. Doch gleich in »Oidpapia« will Spengler nicht mehr »von da ledzdn rua«, sondern nur noch vom Geschlechtsverkehr singen. »I hob a Heaz ois wia/a Fliaga ausn Oidpapia« ist eine grandiose Textzeile, eingebettet in eine groovige Komposition mit Flügelhornsolo und kernigem Bass, der man anhört, dass Spengler gelernter Jazz-Gitarrist ist. »Vü Föd Ned« ist ein stimmungsvolles Album, auf dem der (auch) eingesetzte klassische Wienerliedsound oft wie ein bewusst gesetztes Zitat, eine Art Metaebene erscheint, und das ist gut so.
Martin Spengler & Die Foischn Wiener
»Vü Föd Ned«
Foische Wiener Records
Text
Stefan Koroschetz
Veröffentlichung
17.06.2014
Schlagwörter
1982
Art Records/Hoanzl
Foische Wiener Records
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