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Various Artists

»Schöpfung und Exodus«

Helbling Verlag

Die Uraufführungen der auf dieser CD versammelten Werke erfolgten im Rahmen der Konzertreihe »musica sacra« in der Wallfahrtskirche Götzens in Tirol. Die Stücke wurden für zwei Konzertprojekte mit den Titeln »Schöpfung« und »Exodus« in der Reihe »Sakrale Musik in unserer Zeit« vom Tiroler Kammerorchester InnStrumenti in Auftrag gegeben und im opulenten Rokoko-Kirchenraum zur Aufführung gebracht. Komponistin Katharina Blassnigg führt zum Titel ihres Eröffnungsstückes »creatio continua« folgende Erklärung an: »Alles, was in der Welt in Form kommt, ist anfänglich als Idee, als Vorstellung oder als Vision vorhanden. Die Worte creatio continua sollen im wörtlichen Sinne das schöpferische Schaffen, das ständig vor sich geht, symbolisieren.« Als Assoziationsnukleus oder zur selbstständigen Vertiefung seien Begriffe wie retikulate Evolution, Enaktivismus und schöpferische Ökologie erwähnt. 

Das Herzstück des Albums von Helmut Jasbar, auch bekannt aus Ö1-Funk, Film und Fernsehen, nennt sich »Die Schöpfung. Beta-Version«. Das gesprochene Wort wird von Christian Reiner dargereicht, einem Meister der Eindringlichkeit und Prägnanz. Helmut Jasbar merkt zu seiner Komposition an: »Meine Musik möchte etwas sagen. Ich möchte, dass sie zu den Hörer:innen spricht. Das Schwierige ist, die Musik einfach zu halten. Meine Musik ist nicht neu, sie will auch keine Grenzen überschreiten, denn es gibt mittlerweile mehr Grenzüberschreitungen als Grenzen.« Das reichhaltige Schaffen des Tirolers Franz Baur umfasst Chor-, Gesangs- und Orchesterwerke sowie Kammermusik. Franz Baur zu seinem Stück »anElysion«, einem Werk für Klarinette und Kammerorchester: »In der Wortkonstruktion von anElysion kann wenigstens zweierlei herausgelesen werden: zum einen die Hinwendung an das Elysion, an das Himmlische, an das Paradies; zum anderen der Gedanke an die Negation dieses Elysions, sozusagen an den Unhimmel. Nicht Gott als Schöpfer wird thematisiert, sondern der Mensch als Schöpfer und Totengräber, indem er Himmlisches, zugleich aber auch Höllisches schafft.« Andreas Trenkwalder war ein Schüler von Franz Baur, nun folgt sein Werk dem Unhimmel seines Kompositionslehrers. In »Exodus«, einem Werk für Violoncello, Kammerorchester und Zuspielung werden auch musikalische Zitate von Bob Marley, dem verehrten Johann Sebastian Bach und Charles Ives zur Thematik Flucht hörbar gemacht.

Am Ende der CD führt Manuel Zwerger, Komponist mit Schnittstellen zur Performance- und Installationsmusik, der sich auch vermehrt mit präparierten Instrumenten auseinandersetzt, in »Das Gelobte Land«. Von Sprecher Thomas Lackner werden Text-Fragmente hörbar gemacht, immer wieder theatral von einer weiblichen Sopranstimme umspielt. Manuel Zwerger erklärt das Konzept seiner Komposition so: »Nach dem Exodus der Israeliten aus der Sklaverei in Ägypten ist das Gelobte Land ihr Ziel. Sie erreichen es nach einer langen, gefährlichen Fluchtroute – so wie Flüchtlinge heute.« Textstellen aus der Bibel wurden, für die Hörenden etwas erschöpfend, als weibliche Sopranstimme vertont und mit Textausschnitten von Artikeln des Journalisten Emran Feroz über eine Abschiebung eines Freundes nach Afghanistan, getragen gesprochen von Thomas Lackner, kombiniert. Ein Zitat aus »Die Schöpfung. Beta-Version«, um dieses letzte tragische Stück zu kommentieren: »Kann es sein, dass es Dinge gibt, die nicht einmal Gott vergibt? Die Flucht nach vorn ist … sein eigener Gott zu werden. Wie ist das, wenn man Gott spielt und seinen Text nicht kennt? Was geschieht, wenn man als Gott überfordert ist?«

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