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Der Blutharsch & The Infinite Church Of The Leading Hand

»The Cosmic Trigger«

WKR

The Pfui Gack Lonesome Heart’s Club Band. Der Klub-Kultur des Industrial, des einsamen Wolfgrimms in Leder und Swastika-Unterflack, stets freudig mit Dolferl, Heil und Strangelove-Arm hoch bis zur Decke auf Speed und Schnaps am Thekenpöbeln, gibt es kein größeres Kompliment als eine vor Wutschaum irrlichternde Antifa, Spätnachtprügeleien, Polizeikontrollen und erboste Bürgerpampen. So funktioniert subkulturelle Provokation noch und ist kein pseudo-diskursives Simulakrum. Insofern haben Albin Julius und sein Blutharsch es geschafft. Mit »The Moon Lay Hidden Behind The Clouds« hat er das Genre Neo-Folk mit rechtem Rand-Verdacht mit erschaffen. Mit Der Blutharsch hat er sich 1996 auf Horst-Wessel-Style ratterfreudigen Military Pop von erlesenem politischem Bad Taste konzentriert, um 2005 in ein entnazifiziertes Big Band-Spektakel an Kosmischer weißmagischer Musik und Psychedelic Rock zu münden. Man könnte sagen, jeder wird mal erwachsen. Man könnte meinen, die pseudo-rechte Schock-Ästhetik hätte über drei Jahrzehnte nach der Genese eher musealen Charakter (wie ja auch Laibach/NSK beweisen). Und trotzdem: Nach wie vor werden Konzerte weltweit wegen Braun-Verdachts massiv boykottiert. Das, obwohl Julius dann als angeblicher Antisemit auch in Israel spielt, Nazis in Interviews deklariert uninteressant findet und einen Teil seiner Einnahmen sogar dem österreichische Asylantenprojekt Ute Bock spenden will. Das ergibt zwei Hinweise und Probleme: Erstens, eine aktivistische Linke verblendet sich mit erreichbaren Boykottzielen, indem sie die nur vermeintliche Rechte verhindert ohne über die Wikipedia-Schnellrecherche hinaus mit zu denken, während der Stadion-Rechtsruck von frei.wild bis Xavier Naidoo vollkommen ungehindert hetzen darf. Zweitens verliert man eines der großartigsten Alben der österreichischen Musikgeschichte zugunsten einer pseudo-politischen Auseinandersetzung aus den Augen. Denn Blutharsch ist den gut gereiften Weg der Current 93 gegangen und hat sich eine magnifizente Baby-Bibel voller Stargäste und hirnbetäubendem Brimborium erschaffen. Das wuchtet lumineszierende Underground Pop-Mantras ins Feedbackbad, aus denen eher Hawkwind, frühe Pink Floyd und Nick Cave’s Bad Seeds durchschimmern als die üblichen Stahlstiefelbarden. Durchgehend exzellenter Stoff, dem keiner mehr bei genauem Hinhören braune Unterhosen andichten kann. Bei meiner Ehr‘.

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