Konfrontation? Sofa Surfers? Die haben doch immer so Konsens-Sound gemacht, oder?
Eben nicht so recht, denn schon vom Line up her haben sie sich immer von anderen in Wien populären Dingen unterschieden: Kein stadtübliches DJ-Duo, sondern ein Quartett mit »richtigen« Instrumenten. Ganz zu schweigen von der Musik, die oft so richtig unwiderstehlich Druck macht, nix Sofa Surfen, sondern eher abshaken. Besonders die so einzigartigen, staubtrockenen Drums stechen da heraus, ebenso wie die packenden Dub-Grooves. Dass das im Endeffekt sehr vielen Leuten gut gefallen hat, muss ja mal nicht per se schlecht sein.
Aber jetzt doch Konfrontation, und zwar auf allen Seiten: Mit sich selbst, mit einer Menge Gästen und dem Publikum. Groß ist die Überraschung beim ersten Hören von »Encounters«: Sofa Surfers machen jetzt einen auf HipHop – äh, nein, Moment, HipHop Mutationen – ,sorry, doch eher Dancehall. Und bei jedem Track ein Vocalist dabei?
Egal, Schubladen lassen sich da keine finden, eher sind das alles Variationen über diverse Stile, die Versoferung afroamerikanischer Musik quasi. Wobei Dub und Breakbeats natürlich die wichtigsten Eckpunkte sind.
Die Gäste wurden nicht nur um Wortspenden gebeten, sondern meist auch in die Produktion der Tracks eingebunden, wobei einige dem Endprodukt sehr ihren eigenen Stempel aufgedrückt haben. Besonders Dälek, der schon vor Monaten von seiner Zusammenarbeit mit den Sofas schwärmte, hat aus »seinem« Track einen der bösesten des Albums gemacht – und die Mischung aus etwas abgedrehten Soundbomben, wirren Noisescapes im Hintergrund und eben Sofa Surfers typischen Drums funktioniert beeindruckend gut. Ähnlich der erste Track wo seine Weirdeness Sensational Lyrics dropt – und dabei erstaunlich nüchtern und straight klingt. Mark Stewart ist ein weiterer der illustren Mitwirkenden, nebst Vocals steuert er auch Scratches bei und liefert einen wunderbar paranoiden Track ab, WordSound lässt grüßen.
Die Reggae-Vokalisten DJ Collage und Junior Delgado sorgen für Dancehall Stimmung, MC Santana, eigentlich eher im Drum`n`Bass zu Hause, rapt über einen ralativ »klassischen« Sofa Surfers Track. Der Schlusspunkt, der einzig rein instrumentale Track, erinnert recht an den guten alten »Fiaker«.
Und wie ist das alles zu finden? Toll, würde ich vorschlagen. Weil eben, wie gesagt, musikalisch durchaus interessant und vor allem für Wiener Verhältnisse konzeptuell eine besondere Arbeit. Denn während andere sich ganz bewusst des Labels »Vienna« bedienen, um im Fahrwasser einiger weniger ganz großer Namen ihr Glück (und Geld) zu machen, sagen sich hiermit die Sofa Surfers endgültig davon los. Dass niemand der Wiener Wortspender vertreten ist, war sicherlich ein bewusste Entscheidung, sich ins düstere Eck der afroamerikanischen Musik, gleich neben WordSound, Techno Animal, Dälek und Konsorten zu stellen wohl ebenso. Und mit viel gutem Willen kann das Ganze auch, so wie die Sofa Surfers das gerne hätten, als politisches Statement gelesen werden – wenn auch Oddatee der einzige ist, der explizit wird:
»Show me your way of live, show me your identification card.«