In Wien ist gerade Wahlkampf und der läuft eigentümlich gedämpft ab. Keiner Partei gelingt eine bestimmende Themensetzung und es scheint ein wenig, als wirke die Nationalratswahl stark nach. Bei der Koalitionsbildung ist vielen im Land wochenlang der Mund offen gestanden. »Wird Kickl jetzt wirklich Kanzler?«, war eine Frage, die das Blut gefrieren ließ. In Wien scheint sich einzig die Frage zu stellen, ob die SPÖ ein oder zwei Koalitionspartner braucht. Eine Absolute für die Roten liegt in weiter Ferne, ebenso scheint eine Koalition gegen die Sozialdemokraten unmöglich, allein weil sich dann Parteien zusammenfinden müssten, die ganz sicher nicht miteinander können. Nach Umfragestand der Dinge würde sich nicht einmal eine blau-schwarze Koalition ausgehen, die doch so herrlich verheerend in den Bundesländern agiert, weil die dank dem zu erwartenden Absturz der ÖVP auch numerisch auszuschließen ist.
Um was geht es gerade?
»Es geht um Wien«, darum, ob wir noch Vögel zwitschern hören, dass alles »sicher« und »fair« ist und dass Bürgermeister Ludwig »eh gewinnt«, wie die KPÖ kampfesmutig plakatieren lässt. Die regierenden SPÖ und NEOS und die oppositionelle ÖVP und Grünen sowie die außerparlamentarische Wiener Opposition scheinen gar nicht so unterschiedliche Ziele zu verfolgen. Das Gefühl nach Sicherheit und Ordnung wird allseits gekitzelt. Dass die österreichische Volkspartei hart gegen Verbrechen vorgehen will und zugleich ihr Spitzenkandidat, der ehemalige Polizist Karl Mahrer, im Verdacht der Untreue steht, ist so ein süßes Provinzpossendetail. Selbstverständlich gilt für Mahrer, den zertifizierten »Bachelor of Arts in Police Leadership«, die Unschuldsvermutung, es wäre aber ein erfrischendes Zeichen politischer Hygiene gewesen, bei solchen Ermittlungen dann auch einfach mal von einer Kandidatur Abstand zu nehmen. Nun, die Wähler*innen werden der ÖVP ihren Einsatz für Recht und Ordnung vermutlich entsprechend danken.
Ach ja, da wären dann noch die Rechten und Rechtsrechten, die ihre Fans nie enttäuschen und selbst gerade wieder mit gewissen Prozessen das Publikum unterhalten. Interessensfrage am Rande: »Was reinigt eine Reinigungskraft für 200.000 Euro, Herr Strache?« Bei der Wienwahl 2025 dürfen wir im rechten Lager den Zweikampf zwischen »The Real Village People« und »The Original Village People« beobachten, wo niemand mehr sagen kann, wer von den beiden damals diesen einen Smash-Hit hatte, bei dem es um »Überfremdung« ging. Die FPÖ und ihr Nostalgiekonkurrent, das »Team Strache«, werden trotz kompletter Inhaltsleere gemeinsam über 20 Prozent der Stimmen einfangen und das ist dann auch schon wieder nicht mehr lustig. Es gibt anscheinend keinen Grad von Inkompetenz und offenkundiger Verlogenheit der rechten Parteien in Wien (und Österreich), der ihnen tiefgreifend schaden kann.
Wer entscheidet was?
Die Weltlage ist aktuell mehr als brisant. Von Washington bis Budapest wird fleißig daran gearbeitet, Mitbestimmung und Demokratie abzuschalten. Mit furchterregenden Erfolgen. Transpersonen sagt man in Ungarn: »Euch gibt es gar nicht«, und wer in den USA gegen die Regierung protestiert, kann jetzt einfach abgeschoben werden, weil es den »Interessen des Staates« widerspricht. Schlimmstenfalls landet man in südamerikanischen Foltergefängnissen. Die Spitzenpolitik hat für ihre Opfer nur Häme übrig. Demgegenüber präsentiert sich Wien als »European Capital of Democracy« und sollte nun auch liefern – jenseits von Keynote-Speeches. Die Stadt Wien müsste als Gegenmodell zu den besorgniserregenden Entwicklungen auftrumpfen und das geht nur, wenn Demokratie hier vor Ort auch tatsächlich erweitert wird. Es gibt keinen politischen Stillstand: Demokratien werden freier und offener oder sie schränken sich ein. Wien ist aufgefordert, endlich gegen die eigenen Ausschlussprozesse vorzugehen. Das wird unmittelbar Diskussionsthema beim Salon skug sein. Wir präsentieren beispielsweise die Ergebnisse der Pass Egal Wahl und reden über die Forschungen des »Wahllabors« der Künstler*innengruppe Wochenklausur.
Etwa Unheimliches ist in Wien zu beobachten. Die Stadt rühmt sich damit, alles richtig zu machen und die weltweit höchste Lebensqualität zu haben, und wirkt gerade deshalb blockiert. Die zahlreichen Erfolge sind unbestritten (die Stadt funktioniert beachtlich gut) und dennoch ist nicht klar, ob sie den Aufgaben gewachsen ist. Man will »Klimamusterstadt« sein und hat auch hier beachtliche Erfolge. Neun von zehn Menschen in Wien meinen, sie können gut ohne Auto leben. Aber dennoch steigt der Schadstoffausstoß im Verkehr unaufhörlich. Man erlaubt sich, den Pkws Verkehrsflächen wegzunehmen, trotzdem werden die Autos mehr. Das Marketingsprech der Stadtregierung preist revolutionär klingende Umbaupläne an, die in der Realität dann eher moderat erscheinen, denn auf den aufwendig und teuer neugestalteten Straßen ist immer noch sehr viel Platz für Autos. Wer Mitgestaltung und Kampf gegen die Klimakatastrophe ernst meint, darf gerne nach Paris blicken. Dort entschieden sich die Bürger*innen für 500 neue »Gartenstraßen« und die Beseitigung von 10.000 Parkplätzen. Das könnte ein Erfolgsmodell für Wien sein, wo Mitbestimmung meist nur simuliert wird. So wie bei der Volksbefragung 2013, bei der die Auswahlmöglichketen kaum Unterschiede aufwiesen und sich entlang des Programms der Stadtregierung auffädelten.
Wahlspecial mit Live-Programm
Kurzum, es gibt viel zu bereden. Wir schauen uns beim Salon skug BAM! Wahlspecial am 27. April 2025 ab 16:30 Uhr live die Wahlergebnisse sowohl der Landtagswahlen als auch die mögliche zukünftige Zusammensetzung der Stadtregierung an und werfen einen Blick auf die teils spannenden Rennen in den Bezirken. Hier dürfen zumindest die EU-Mitbürger*innen wählen und kleine Parteien werden nicht durch die 5-Prozent-Hürde ausgeschlossen. Sicherlich, die Bezirke entscheiden nicht so viel Schwergewichtiges, sie sind aber ein mögliches Labor für eine demokratischere und weltoffenere Stadt und verdienen deshalb auch entsprechende Aufmerksamkeit. Niederschwellig, wie der Salon skug nun einmal ist, holen wir Stimmen von Aktivist*innen und Medienmacher*innen ein, die einen andere Perspektive auf die Wahl bieten.
Nun will die Demokratie und die Ausübung demokratischer Freiheiten auch ausgiebig gefeiert werden und weil g’schiss’n eh leiwand ist, hören wir anschließend Wohlfühlpunk mit Aggressionspotenzial. Und zwar von niemand Geringerem als der Wiener Band Café Schädlweh. Die ordnen nicht nur ein, sondern geben gleich eine Gebrauchsanleitung für die Gesamtsituation. Vorhören kann man hier, um sich entsprechend in Stimmung zu bringen. Die volle Dröhnung gibt’s dann am Wahlsonntag ab 16:30 Uhr live im Flucc, wie immer bei freiem Eintritt bzw. freier Spende, also unbedingt vorbeischauen und mitdiskutieren. Wir freuen uns auf euch! Wer sich nach dem Urnengang lieber daheim verkriecht: Der Salon wird auch live auf Radio Orange 94.0 übertragen.











