Derek Jarman cruist durch den deutschen Hochwald. Wen trifft er da? An den Fichten lehnende, lederbewehrte Belgier mit Sonnenbrillen und Reitstiefel, ineinander verknotete Partyleichen in den obersten Baumkronen und eine wundersame Fee namens Genesis, die ihm sechs Wünsche erfüllen will … Klingt zauberhaft? Und dennoch, behaupte ich, hat dieses Märchen weit weniger zu bieten als das Debütalbum von Die Selektion, in dem all diese Motive einen dionysischen Rumpelstilzchentanz im Kopf aufführen. Die Selektion sind Luca Gillian, Max Rieger und Hannes Rief. Die Selektion ist die aufstachelnde Mach’s-dir-selbst-Boygroup des aktuellen Wave-Underground. Die Selektion ist der neue Sproß des Heiligen Sebastian (»Ohne zu wissen warum / Liebe ich dich / St. Leonard«), ist Jüngling-Sexploitation im Jesuitentheater 3000. Die Selektion ist in Poptheorie-Neusprech (siehe grandiosen Artikel von Didi Neidhardt in skug 89) »Hauntologic«-EBM mit klassisch ausgebildeter Morricone-Trompete (der Geist des Postpunk ist zurück!) und anrüchigen Gigolo-Beats für Sonderzeichen-Fetischisten. Nüchtern gesprochen: Die Selektion ist, wenn drei Beinahe-Schulabgänger aus Stuttgart die Frage »Was ist dir dein Leben wert?« in den global-virtuellen Klassenraum voller Bling-Bling und Leidenschaftsarmut brüllen, und das fette Rektorenzimmer explodiert. Which House? Their House!
Nach dem überstürzten LP-Ausverkauf auf Fabrika Records ist »Die Selektion« jetzt auf nachgereichter CD samt Bonusmaterial (Remixes von Mater Suspiria Vision u.a.) bei [aufnahme + wiedergabe] erhältlich. Am 6.6.2012 live im Viper Room Wien.