»Darüber bitte keine Auskunft!«, sie war bisweilen trocken und extrem verschwiegen. Nur nicht viel Privates Preis geben, die Diktatur will es so. Schießlich soll die eigene Arbeit sprechen. Ruth Berghaus hat es niemandem leicht gemacht, das trifft gleichermaßen auf ihre Inszenierungen zu, die häufig kontrovers diskutiert wurden. Die Zeichensprache, dicht bis zum Hermetischen, erschlossen sich den Zuschauern manchmal nur selten. Das herausfordernde Schaffen dieser herausragenden Regisseurin ist jedoch weit über ihren Tod hinaus wirksam gelieben. Licht im Dunkeln und gleichzeitig dokumentarische Pionierarbeit – die Schweizer Journalistin Corinne Holtz hat auf sich auf die Suche gemacht und überall dort geforscht, wo erhellende Restspuren vermutbar sind, aufgestöbert und zusammengetragen: In Archiven und in den Akten der SED, auch im Staatssicherheitsdienst. Eine sicherlich quälende, wenn auch höchst ergiebige Arbeit. Gespräche mit Zeitzeugen, Freunden und Kollegen kamen bei dieser akribischen Recherche ohnehin nicht zu kurz und stützen weiter den Eindruck einer ungewöhnlichen Persönlichkeit (Michael Gielen, Peter Konwitschny u.v.a.). In einer guten und schnellen Sprache legt Holtz das erste sachliche Porträt der umstrittenen Regisseurin vor, beleuchtet mal die schilldernde Zwiespältigkeit der Person Berghaus, widmet sich an anderen Stellen der Rezeption ihrer Kunst und räumt den künstlerischen Arbeitsmethoden einen breiten Raum ein (Partituranalyse, Improvisation, Choreographie, metaphorische Überhöhung und bildnerische Zeichensprache).
Ruth Berghaus gab sich nach Aussen streng linientreu. Letztlich blieb sie in den Kulturbetrieben der unterschiedlichen Systemen eine Unangepasste, zwar politische Frau, die sich jedoch nur der Freiheit der Kunst verpflichtet fühlte.
Corinne Holtz
»Ruth Berghaus« Ein Porträt
Europäischer Verlagsanstalt, ISBN 3-434-50547-4 399 Seiten