Trompeter Lorenz Raab und Zitherspieler Christof Dienz haben bereits im Jahr 2008 gemeinsam eine Duo-EP veröffentlicht, die aus vier frei improvisierten und live mitgeschnittenen Stücken besteht. Davor und danach gab es auch einige weitere Projekte, wie zum Beispiel die XY-Band, an denen beide beteiligt waren. Trotz all der bisherigen Kollaborationen entschlossen sich Raab und Dienz jedoch erst vor zwei Jahren dazu, eine vollständige Duo-CD im Studio einzuspielen. Dabei herausgekommen ist nun ein sehr sphärisches Werk ganz im Zeichen der Reduktion, denn gearbeitet wurde nur mit Trompete, E-Zither, einem Loop-Gerät und ein paar Electronics. Von den neun Kompositionen auf »Vast Potential« stammen drei von Lorenz Raab und sechs von Christof Dienz. Letzterer hat sich für Stücke wie »Hey Lo!« und »Subtle Land« eingängige Melodien einfallen lassen, die Raab auf eine singende Art und Weise durch sein Trompetenspiel zum Leben erweckt. Ja, diese Stücke lassen sich nach einmaligem Hören bereits mitsummen, man könnte sie fast als die »Hits« des Albums bezeichnen. Neben einigen anderen, ähnlich gearteten Stücken aus Dienz’ Feder gibt es noch Raabs Kompositionen, die sich weniger durch kantable Melodien als durch ausgedehnte und nuancenreiche atmosphärische Flächen auszeichnen. Gerade in Momenten der Improvisation über eben jene Flächen verläuft sich doch ein wenig die Spannung, die erst mit einsetzenden Beats oder einer klaren Melodieübernahme wieder aufgebaut wird. Ebendiese Beats sind zwar selten auf »Vast Potential«, wenn sie jedoch einmal einsetzen, dann sehr gezielt und mit einer ordentlichen Wucht, die einen, je nach Aufmerksamkeitsgrad beim Zuhören, wieder oder noch genauer aufhorchen lassen. Wie diese erzeugt werden, ist nicht eindeutig festzustellen. Es liegt jedoch nahe, dass es sich um unterschiedlich geartetes Klopfen auf den Korpus der Zither, verstärkt und verändert durch Effekte, handelt. Denn auf diesem Album gibt es (zumindest kein hörbares) Outside-Sampling, was eine organische und konsequente Soundstruktur über den gesamten Verlauf der CD garantiert. Mal wird die E-Zither verstärkt und lässt Indierock-Anleihen durchschimmern, andernorts klingt die Idee einer Konzertgitarre durch. Lorenz Raab seinerseits eröffnet das Album mit einer tonal vervielfachten Trompete, die fanfarisch in den Opener »Perlenfischer« einleitet, der zu Beginn des Albums repräsentativ für die darauf folgenden acht Stücke steht. Christof Dienzʼ perkussiv gespielte Zither trifft auf Lorenz Raabs gedämpfte Trompete, die, nicht wenig an den gedämpften Sound von Miles Davis erinnernd, in brillanter Art und Weise durch Melodie und Improvisation führt. Solche Momente sind es, die wirklich das gesamte »Vast Potential« dieser Duo-Konstellation ausreizen. Davon gibt es im Laufe der CD viele, vereinzelt lässt die Spannung jedoch auch nach und die beiden Musiker verlieren sich vorläufig in einer gewissen Richtungslosigkeit. Raab und Dienz wissen sich jedoch immer wieder aufs Neue daraus zu befreien und im Anschluss zu neuen Höhenflügen aufzusteigen. Eine den letzten Silvestermief vertreibende, frische Brise aus der hiesigen Szene, die einen erfrischt und aufgemuntert mit einer Prise Nachdenklichkeit ins neue Jahr schickt! Live präsentiert wird die CD am 18. Februar 2019 im Porgy & Bess.
RaaDie
»Vast Potential«
Traumton Records
Text
Xavier Plus
Veröffentlichung
08.01.2019
Schlagwörter
Christof Dienz
Lorenz Raab
RaaDie
Traumton Records
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