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Moeckl/Beck

»Ins endlose Blau«

Self-release

»Waves«, das Debütalbum von Martin Kolbe und Ralf Illenberger, erschien 1978 und ist heute eines der weltbesten Alben, um die sich kaum noch jemand schert. Aus zweiter Hand bekommt man es verlässlich hinterhergeworfen, daran wird sicherlich auch dieser Text wenig ändern können. Zeit seines Bestehens war dem Gitarrenduo einiger Erfolg beschieden. 1987 trennten sich ihre Wege, und seither verblasst die Erinnerung an die instrumentalen Gitarrenduette der beiden Schwaben. Aus historischer Distanz, aber nicht allzu großer räumlicher Entfernung treten jetzt, so muss man das zweifellos einordnen, Alexander Moeckl und Gregor Beck mit »Ins endlose Blau« in die Fußstapfen von Kolbe/Illenberger bzw. hoffe ich, dass das erste Album der Augsburger nicht untergeht, sondern in interessierten Kreisen zumindest einen Sturm im Wasserglas verursachen kann. Man muss realistisch bleiben, aber soll die Hoffnung nicht ganz fahren lassen. Das im Eigenverlag und in einer Vinyl-Auflage von 200 Exemplaren veröffentlichte Album (CDs gibt es auch) ist ein Dokument privater Leidenschaften. Fast fünfzig Jahre nach »Waves« ist unter den gegebenen ökonomischen Bedingungen mit instrumentaler Gitarrenmusik keine Karriere mehr zu machen. Die Zeiten sind vorbei. Aber darum geht es ja auch nicht (mehr). Es geht um die Musik. Und die ist ganz hervorragend. »Ins endlose Blau« versammelt elf instrumentale Kompositionen, gespielt auf akustischen Gitarren und in unterschiedlichen (offenen) Stimmungen. Und so sehr »Waves« als Blaupause erscheinen mag, so wenig ist es angemessen, das Album auf diesen musikalischen Einfluss zu reduzieren. Alexander Moeckl hat bereits ein paar Alben veröffentlicht, die eher der Tradition des American Primitive folgen. »Ins endlose Blau« steht diesem Sub-Genre instrumentaler Gitarrenmusik aber relativ fern. Passender erscheint mir der zusätzliche Hinweis auf weitere dem Jazz nahestehende Gitarrenduos, wie Ralph Towner und John Abercrombie oder Hajo Weber und Ulrich Ingenbold. Letztere haben es zwar nur auf ein Album, »Winterreise« (ECM, 1982), gebracht, aber es lohnt sich, es zum Vergleich heranzuziehen. Und wo wir schon dabei sind, auch Peter Horton und Sigfried Schwab (»Guitarissimo«, 1978) können hier Erwähnung finden. Um nicht nur in der staubigen Vergangenheit nach Halt zu suchen, auch in der Nachbarschaft von zeitgenössischen Veröffentlichungen, wie »All Gist« von James Elkington und Nathan Salsburg (Paradise of Bachelors, 2024), kann »Ins endlose Blau« gesehen werden. Dieser mehr oder weniger weite Bezugsrahmen hilft hoffentlich, ein wenig Orientierung zu geben und der Musik von Moeckl/Beck zur verdienten Aufmerksamkeit zu verhelfen. Zartgliedrige und abwechslungsreiche Kompositionen wie »Flüchtig« oder »Aufbruch« sollten in die Gehörgänge einer Hörerschaft finden, die detaillierte Gitarrenmusik zu schätzen weiß, und vielleicht nehmen ja sogar Ralf und Martin Notiz davon, dass ihr Erbe in guten Händen ist – wer weiß!? 

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