a3472633175_16
Michael Hurley

»Broken Homes and Gardens«

No Quarter Records

Michael Hurley war ein US-amerikanischer Folk-Musiker, der in diesem Jahr 83-jährig verstarb und eine vergleichsweise kleine, aber treue Fangemeinde hinterließ. Seit den frühen 1960er-Jahren machte er Musik und veröffentlichte Zeit seines Lebens etwa dreißig Alben. Wer von Michael Hurley noch nichts gehört hat, aber trotzdem wissen will, woher der vielleicht eher bekannte Bonnie »Prince« Billy seinen vernuschelt-ekstatischen Gesangsstil hat, wird hier fündig. Hurley war sicherlich auch das, was man einen »musician’s musician« nennt. Bewundert von Kolleg*innen, sorgte sein unaufgeregt distanziertes Verhältnis zur Musikindustrie aber ebenfalls dafür, dass er ein ewiger Geheimtipp blieb. Posthum wurde nun im September 2025 sein letztes Studioalbum veröffentlicht. »Broken Homes and Gardens« präsentiert elf Beispiele seiner Kunst, die darin besteht, sich nicht hetzen zu lassen. Gemütlich schaukeln die schlicht, aber elegant instrumentierten Lieder vor sich hin, warm und ausgewogen produziert, ein bisschen schrullig und stets freundlich im Gestus. Ich habe Hurley nie auf der Bühne erlebt, aber ich stelle ihn mir aufgrund von Fotos und der Ästhetik seiner musikalischen Produktionen vor wie einen kauzigen Nachbarn, den man seit Jahrzehnten kannte und von dem man wusste, dass er immer irgendwie an etwas herumwerkelte, an seiner Musik oder an Bildern, die er gemalt hat, und wenn er zu Konzerten auf Reisen ging, dann hat man ihm die Blumen gegossen und den Briefkasten geleert. Bis eines Tages die Gardinen morgens nicht mehr aufgezogen wurden, sich im Haus gegenüber nichts mehr regte. Sorgen hatte man sich in den letzten Monaten schon gemacht, er wurde ja auch nicht jünger, aber nun herrscht traurige Gewissheit: Der Alte, er ist nicht mehr. So ungefähr. Und so klingt auch die Musik. Beschaulich und von überschaubarer Reichweite. Bescheiden verrichtete Michael Hurley sein Handwerk und drängte sich nicht auf. Wer aber von ihm erreicht wurde, blieb davon nicht unberührt. Seine Musik kann über seinen Tod hinaus gehört werden. Sein beseelter, unverwechselbarer Gesang, der durch liebevoll arrangierte Lieder führt und dabei von allerlei erlebten oder erdachten Begebenheiten erzählt, kann weiterhin vernommen werden. Und ich behaupte mal, dass man schon geistig verarmt oder seelisch abgestorben sein muss, wenn einen diese durch und durch menschliche Stimme, eingebettet in charmante und unprätentiöse Musik, nicht anspricht. 

favicon

Unterstütze uns mit deiner Spende

skug ist ein unabhängiges Non-Profit-Magazin. Unterstütze unsere journalistische Arbeit mit einer Spende an den Empfänger: Verein zur Förderung von Subkultur, Verwendungszweck: skug Spende, IBAN: AT80 1100 0034 8351 7300, BIC: BKAUATWW, Bank Austria. Vielen Dank!

Nach oben scrollen