mare nostrum
Mare Nostrum

»III«

ACT Music

Der französische Akkordeonist Richard Galliano, der italienische Trompeter Paolo Fresu und der schwedische Pianist Jan Lundgren sind die drei europäischen Jazz-Poeten, die hinter dem Projekt Mare Nostrum stehen. Übersetzt bedeutet der Name so viel wie »unser Meer«, war aber auch die geläufige Bezeichnung für das Mittelmeer zur Zeit des Römischen Reichs. Wie unschwer zu erkennen ist, handelt es sich um den Abschluss einer schlüssigen Trilogie: Das erste Album entstand im Heimatland des Trompeters, das zweite im Sinne Gallianos in Frankreich und das dritte, hier besprochene Album folgerichtig in Schweden. Diese Reise quer durch Europa schlägt sich auch in musikalischer Hinsicht nieder. Jeder der Musiker steuert einige Stücke bei, dementsprechend bunt sind auch die Einflüsse in Komposition und Spiel. Beginnend beim filigranen, fast klischeehaften Einsatz des Akkordeons inmitten des Openers »Blues sur Seine« über das Anklingen eines mittelalterlichen Tanzes in Lundgrens »Ronneby« bis zum kurzen Ausflug in die Filmmusik mit Quincy Jonesʼ »Love Theme from The Getaway« lassen die drei viele Einflüsse entlang ihrer gemeinsamen Route zur Geltung kommen. Das Bewusstsein für Traditionen sowie für Klangästhetiken aus nah und fern ist ein gemeinsamer Nenner von Lundgren, Galliano und Fresu, ein Garant für eine klanglich bekömmliche Mixtur, die dennoch nie langweilt. Es ist immer wieder eine Freude, den dreien dabei zu folgen, wie sie Melodielinien oder dynamische Vorgaben voneinander übernehmen, weiterdenken und schließlich wieder übergeben. Das Interplay ist durchwegs außerordentlich und besonders auf der Jan-Lundgren-Komposition »Love in Return« bestechend schön. Geprägt von Respekt für die musikalische Vision ihrer Mitmusiker, aber dennoch vor Impulsen nicht zurückscheuend interagieren die drei Herren über die gesamte Laufzeit der CD angeregt. Man würde vielleicht erwarten, dass bei einem Trio bestehend aus Klavier, Akkordeon und Trompete die dadurch bedingte Klangfarbe nach einiger Zeit einseitig wirken könnte, aber dem ist nicht so. Kleine Veränderungen wie der gelegentliche Einsatz eines Dämpfers auf Fresus Trompete oder eine schneller gespielte Komposition sorgen für angenehm aufhellende Momente im Laufe dieser recht langsamen Platte. Neben den eben genannten Ausnahmen bewegen sich die meisten Stücke dieser CD in langsamen, aber fokussierten und richtungstreuen Bewegungen. Das Fundament kommt größtenteils von Lundgren und Galliano, Fresu nimmt derweil die Rolle eines melodieorientierten Steigerungselementes ein. Seine Einsätze sind einfühlsam, höchst dynamisch und verfehlen es nie, die Stimmung des jeweiligen Stückes zu verstärken. Auf Fresus Komposition »Pavese« ist dies eindrucksvoll zur Schau gestellt: Am Flügelhorn lustwandelt er nach einer Einleitung von Lundgren und Galliano durch das Thema und wird dann mit einem Zitat der letzten Noten ebendieses Themas von Lundgren abgeholt, der seinerseits die Melodie in seinem Solo weiterdenkt. Aufgrund der folkloristischen, recht einfach gehaltenen Kompositionen sind die improvisatorischen Geschehnisse auf diesem Album für die Hörer*innen besonders zugänglich und bereiten Freude durch Transparenz. Ein schönes Album für Blicke aus dem Zugfenster oder zum Errichten einer Traumlandschaft im eigenen Wohnzimmer!

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