Der äußerste Süden Italiens, Kalabrien, ist die Heimat einer Spielart der Mafia, die Ndrangheta genannt wird und eigenes Liedgut entwickelt hat. Beschäftigte sich die erste Kompilation der Mafia-Lieder (Pias, 2000) noch mit den Eigenschaften und Eigenheiten der Ndrangheta, so liefert die zweite den sozialen Background dazu. Das Stichwort lautet Malavita: Verbrecherleben – damit verbunden ist die Blutrache. Musikalisch haben die Mafialieder so manches aufgenommen, was das Mittelmeer – zum Teil mit den jeweiligen Besatzern Kalabriens als Transmitter – aus anderen Ländern angespült hat: Da tschundert es einmal in strenger Flamencomanier, einmal sind Einflüsse aus dem arabischen Raum zu erkennen. Eine Polka wird auf eigentümliche Weise zu einem Chanson gemacht und das Akkordeon bringt die »Tarantella Santissima« zum Stampfen, als wäre sie eine Zydeco-Nummer.
Ein scheinbar unpassendes Wiegenlied (»Ninna Nanna Malandrineddu«), rundet das Gesamtbild dennoch ab, da der Text gleichermaßen mafiös daherkommt: Eine Mutter beschwört ihren Sohn, wenn er erwachsen ist, Blutrache für seinen getöteten Vater zu üben. Ein hörenswerter Sampler, der einen bisher kaum bekannten Aspekt europäischer Volksmusik auf gelungene Weise versammelt: Zwei Stücke wurden sogar in einem Gefängnis aufgenommen!
Omertà, Onuri E Sangu
La Musica Della Mafia - Vol.II
Pias
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