Auch das diesjährige Motto des Donaufestivals lässt sich divers interpretieren: »Confusion is next« lautete der Titel eines Songs der amerikanischen Post-Punk-Formation Sonic Youth auf dem Debütalbum »Confusion is Sex«, veröffentlicht im Jahr 1983. Songtitel können im Lauf der Zeit zu disparaten Exegesen führen. Präferierte einst die hegemoniale Rockkritik die Interpretation des Titels als coolen, progressiven, ästhetischen Rambazamba, gegossen in hippen New Yorker (NoWave-)Noise-Rock (»I maintain that chaos is the future, and beyond it is freedom, confusion is next, and next after that is the truth«), so erinnert er mittlerweile darüber hinaus daran, dass das Jahr 1981 nicht nur das Gründungsjahr von Sonic Youth war, sondern dass in Amerika mit dem Präsidenten Ronald Reagan auch der Siegeszug des diabolischen Neoliberalismus seinen Anfang nahm. Confusion is not just sexy aesthetics, Konfusionen versorgen zudem Dystopia à la longue. (»The Democratic Party has this confused message… we’re supposed to be a party of the working class, and I think working-class people have not been seeing government work for them«, so heuer die New Yorker Sozialdemokratin Alexandria Ocasio-Cortez, die jahrelang kellnerierte und erst jetzt als Politikerin krankenversichert ist.) Wie gut, dass das Donaufestival auch heuer wieder Gegenmodelle bereitstellt.
Weekend 1, 2.–4. Mai 2025
Das Rabbit Hole wartet mit zahlreichen Wunderwelten auf. Hier ein Auszug des Musikprogramms: Den musikalischen Beginn des Festivals gestaltet die polymetrische heimische Künstlerin Katharina Ernst in ihrem Programm »Polylog« mit Live-Performance am Schlagzeug. Die englische Darstellerin und Singer-Songwriterin Keeley Forsyth präsentierte diesenorts bereits im Jahr 2022 das Leben als Trümmerhaufen äußerst beeindruckend. »I’ve lost all my power«, eröffnet Forsyth nun auf ihrer brandneuen 12″-EP »Hand to Mouth« mit magnetischer Stimme (vortrefflich gemahnend an Scott Walker) im Duoprojekt mit Matthew Bourne. »Staggerin’ post-colonial African zombie state chase the people into the waves«, verurteilt der auf marxistische intellektuelle Roots aus Zimbabwe bauende Billy Woods über abstrakten jazzigen New Yorker HipHop auf seinem brandneuen Album »Golliwog«. »His music vividly evokes the moral confusion and feeling of living in a police state that New Yorkers now have«, verrät das »Rolling Stone« Magazin. Rachika Nayar & Nina Keith, die experimentelle Komponistin mit Gitarren-Loops aus Brooklyn und der Multi-Instrumentalist aus Philadelphia, kollaborieren nun als Duo. Davor schien Nayars hervorragendes Album »Heaven Come Crashing« in zahlreichen Jahrescharts im Jahr 2022 auf. Im Sommer erscheint ihr gemeinsames Debütalbum »Disiniblud«. Und nicht zu vergessen, Anna von Hauswolff, die mysteriöse schwedische Liedermacherin an der Pfeifenorgel, erscheint mit sechsköpfiger Band und Thomas Meineckes F.S.K. bringt das neue Album »Topsy-Turvy« mit.
Weekend 2, 9.–11. Mai 2025
Das zweite Wochenende wartet mit zahlreichen hochkarätigen Acts auf: Die aus Kairo stammende Nadah El Shazly schließt auf ihrer Single »Ghorzetein« (co-produziert von 3Phaz) arabische Einflüsse mit Electro-Pop kurz. Das Album »Laini Tani« erscheint im Juni. »Halo on the Inside« nennt Circuit Des Yeux (aka Haley Fohr) ihr aktuelles Album. Im Kampf gegen die inneren Dämonen stößt »der Heiligenschein im Inneren« auf Trauer und Schmerz. Und schnell gerafft: Use Knife favorisieren Techno-Beats mit arabischen Polyrhythmen, Demdike Stare widmen sich Dark Ambient sowie Dub Techno, Tristwch Y Fenywods queeres walisisches Trio fabuliert über Moorleichen und verhexten Mystizismus, der Space Rock von Spiritualized überzeugt trotz verklärtem neuem Albumtitel »Everything Was Beautiful« mehr als zweieinhalb Dekaden nach »Ladies and Gentlemen We Are Floating in Space« noch immer, der Techno-Wizard Jeff Mills präsentiert »Tomorrow Comes The Harvest« und Kabeaushe kommt mit HipHop und Acid Rock, von Kenia bis Berlin. »Go Dig My Grave«, drängt die irische Folkband Lankum, die mittlerweile Prog-Rock und improvisierte Musik in ihre Klang-Experimente inkorporiert. Klimax des Festivalabschlusses ist der gemeinsame Auftritt von Moor Mother & Lonnie Holley mit exzellenten verhangenen, afroamerikanischen musikalischen Skulpturen in HipHop, R&B und Jazz. In ihrem Album »The Great Bailout« verfolgte Moor Mother übrigens die Zahlungen an britische Sklavenhalter – darunter auch die Vorfahren von David Cameron. Konfusionen ohne Ende.











