Jef Mertens – »No Mathematics« – Kraak
Jef Mertens

»No Mathematics«

Kraak

Jef Mertens werkelt seit vielen Jahren vor sich hin. Als Filmemacher, Labelbetreiber und Musiker. Nach ein paar kleineren Veröffentlichungen ist »No Mathematics« sein Debütalbum, und das erscheint ausgerechnet bei Kraak. Warum »ausgerechnet«? Weil Mertens als Dokumentarfilmer mit »Dronevolk« bereits 2007 eine belgische Undergroundszene porträtierte, die auch um das Kraak-Label und -Festival herum blühte und blüht. Der Film zeigt u. a. Acts wie Silvester Anfang, Ignatz und Bear Bones Lay Low zu einem frühen Zeitpunkt ihres musikalischen Werdegangs. Mertens’ zweiter Dokumentarfilm aus dem Jahr 2016, »A Pollock of Sound«, ist der New Yorker Underground Band Borbetomagus gewidmet, und als Labelbetreiber ist er zunächst mit »Taping Policies« und jüngst »Dadaist Tapes« in Erscheinung getreten, wo er Musiker*innen wie Bill Orcutt, Samara Lubelski, Glen Steenkiste, Bill Nace oder Tashi Dorji eine Plattform bot. All diese Tätigkeiten deuten ein Referenzsystem an, das auch zur Einordnung von »No Mathematics« beiträgt. Die fünf Titel der knapp 40-minütigen Platte bewegen sich im musikalischen Spannungsfeld zwischen Drone, Noise und experimentellem Minimalismus. Dabei geht es nicht allzu verkopft oder gar akademisch zu, wie der Albumtitel schon nahelegt. DIY-Klangforschung ist das Stichwort unter Nutzung von Instrumenten nach eigener Wahl, hier eine elektrische Gitarre, eine präparierte Zither, eine Shruti-Box und diverse elektronische Zusätze. Die daraus resultierenden Klangskizzen muten überwiegend rau, aber nicht schroff, metallisch, aber nicht scharfkantig und dunkel, aber nicht finster an. In gewisser Weise hinterlassen sie im Ohr einen ausgewogenen und wohlproportionierten Eindruck. »No Mathematics« erweckt zu keinem Zeitpunkt den Eindruck, es werde gedröhnt, geknistert oder gebrummt, um Zeit zu schinden und so den Mangel an musikalischen Ideen und kompositorischer Dichte zu kaschieren. Das ist wichtig, und dem Ergebnis nach nicht zu unterschätzen, denn Jef Mertens murkst auf »No Mathematics« nicht irgendwie rum. Die Instrumentalstücke sind sorgsam editiert und die Musik lässt sich als abwechslungsreiches Album anhören. Mit Blick auf die oben genannten Genres ist das eine Qualität, die nicht genug betont werden kann.

Home / Rezensionen

Text
Holger Adam

Veröffentlichung
24.01.2023

Schlagwörter

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