Es gibt wahrscheinlich wenige Dinge, die einem konservativen Punk-Ethos mehr widersprechen als ein Doppel-Konzeptalbum. Gräbt man jedoch etwas tiefer, so kann man schwer umhin, festzustellen, dass es gerade an dieser Schnittstelle einige absolute Schätze und Klassiker gibt. Hier sei stellvertretend nur das wegweisende Album »Zen Arcade« von Hüsker Dü genannt. Ähnlich wie Hüsker Dü kommen auch Fucked Up aus dem Mittleren Westen (im Falle von Fucked Up Kanadas) und haben ihre Wurzeln im Hardcore Punk. Fucked Up haben sich bereits zuvor an diesem Medium versucht und zwar mit »David Comes To Life«. »Dose Your Dreams« ist nun sozusagen die Fortsetzung dieses Albums. Zu Beginn findet sich der Protagonist David in einem aussichtslosen Bürojob wieder, den er allerdings noch während des ersten Songs verliert. Kurz darauf trifft er eine (obdachlose?) Zauberin, die ihn auf eine metaphysische Reise auf der Suche nach Erlösung schickt …
Wie Hüsker Dü auf »Zen Arcade« befreien sich Fucked Up auf »Dose Your Dreams« endgültig von den stilistischen Zwängen des Hardcore Punk und lassen alle möglichen musikalischen Einflüsse in ihre Songs einfließen. Musikalisch ist dies wohl das bisher vielfältigste, experimentellste und zugleich poppigste und zugänglichste Album der Gruppe. Die musikalische Bandbreite, die hier dargeboten wird, ist schier unglaublich und reicht von E-Street-Band-artigem Classic Rock (»Normal People«) über Madchester-Rave-Stimmung (»Dose Your Dreams«) bis hin zu elektronischen Industrial Beats (»Mechanical Bull«) und psychedelischen Epen (»Joy Stops Time«). Trotz dieser Vielfalt behält das Album jedoch über die gesamte Spieldauer seine Kohärenz, was dem guten Songwriting der Band zu verdanken ist. An die Hardcore-Wurzeln der Band erinnert hier nur mehr wenig, vor allem natürlich die Stimme Damien Abrahams, der sich hier die Lyrics allerdings mit seinen BandkollegInnen und einigen Gästen, wie zum Beispiel J. Mascis, Jennifer Castle und Miya Pollick, teilt. Diese stimmliche Erweiterung bringt einerseits die stilistische Vielfalt der einzelnen Songs noch stärker zum Vorschein und unterstreicht dadurch andererseits auch den Rockoperncharakter des Albums.
Fucked Up haben mit »Dose Your Dreams« ein wunderbares, vielseitiges und dennoch kohärentes Doppelalbum abgeliefert, dem es hervorragend gelingt, die Hardcore-Wurzeln und den DIY-Ethos der Band auf dieses Medium zu übertragen und einem größeren Publikum zugänglich zu machen, ohne bei ihrer Vision Kompromisse einzugehen. Beeindruckend und sehr empfehlenswert!