Filmstill »The Substance« © slash Filmfestival
Filmstill »The Substance« © slash Filmfestival

Female Fury beim slash 2024

Einige Filme beim slash Filmfestival 2024 rütteln an traditionellen weiblichen Rollenbildern im (Genre-)Film, darunter »The Substance« von Coralie Faregats, »The Balconettes« von Noémie Merlant und »Strange Darling« von JT Mollner.

Das diesjährige slash Filmfestival von 19. bis 29. September lenkte bereits zum fünfzehnten Mal das Augenmerk auf aktuelle und klassische Genrefilme, 2024 mit einem Schwerpunkt auf Found Footage und Stop Motion. Davon abgesehen gibt es auch im Genrekino eine spannende Entwicklung traditionell weiblicher Rollenbilder, die in einigen Filmen besonders zum Tragen kommt. Deswegen hier ein kurzer Abriss der »feministischen« Highlights beim slash Filmfestival.

»The Substance« (GB/US/FR 2024)

Der Stern von Hollywood-Star Elisabeth Sparkle (Demi Moore) ist im Sinken. An ihrem 50. Geburtstag wird ihre Aerobic-Show gecancelt und sie von ihrem sexistischen Boss – der Name ist kein Zufall – Harvey (Dennis Quaid) auf die Straße gesetzt. Nach einem Autounfall findet sie sich verletzt und erniedrigt im Krankenhaus wieder – und plötzlich tut sich eine Möglichkeit auf, ihr Leben zu verändern … Was als relativ harmloser Body Swap beginnt, entwickelt sich in Coralie Faregats »The Substance« zu einer wahren Body-Horror-Orgie, die den Schönheitswahn der Filmindustrie und die selbstzerstörerischen Mechanismen des (weiblichen) Körperkults anprangert. Die porentiefen Detailaufnahmen und Körperstudien, geprägt vom Male Gaze wie die Welt der Protagonistin, werden peu à peu zur qualvollen Horror-Show zwischen blutspritzendem Gemetzel und blutstockenden Transformationen à la »Elefantenmensch«. Apropos Referenzen: Wer ein Auge für Genremomente hat, findet in »The Substance« Anleihen von Brian De Palmas »Carrie« bis zu Stanley Kubricks »The Shining« und allein das sichert dem Film einen Platz im Olymp des Genrekinos. Dafür wurde er bei den Filmfestspielen in Cannes auch mit der Goldenen Palme für das beste Drehbuch ausgezeichnet. Das größte Lob gebührt aber Demi Moore, die eine fantastische, teilweise komödiantische, durchaus selbstironische Schauspielleistung abliefert, und ihrem »Body Double« Margaret Qualley, die wütend am schönsten ist.

»The Balconettes« (FR 2024)

Wo bei »The Substance« weibliches Konkurrenzdenken zum Verhängnis wird, ist »The Balconettes« eine Ode an die Frauensolidarität und Freundinnenschaft. Nicole, Elise und Ruby haben alle auf ihre Art mit dem Patriarchat zu kämpfen: Die angehende Schriftstellerin Nicole (Sanda Codreanu) mit dem Mansplaining ihrer Studienkollegen, Schauspielerin Elise (Regisseurin Noémie Merlant) mit den Forderungen ihres borderline-abusive anhänglichen Ehemanns und Camgirl Ruby (Souheila Yacoub) mit der Übergriffigkeit von Männern, die sie für ihre sexuelle Freizügigkeit zugleich begehren und verachten. Als die drei während einer Hitzewelle in Marseille ihren Balkon verlassen, um beim hotten Nachbarn gegenüber ein paar Drinks zu nehmen, kommt es zu einem Unfall und plötzlich müssen die Freundinnen eine Leiche loswerden, sich gegen eine Geisterarmee missverstandener männlicher Egos zur Wehr setzen und dazu noch ihr eigenes Leben auf die Reihe kriegen. »The Balconettes« rührt an schwere feministische Themen wie häusliche Gewalt, Missbrauch, Vergewaltigung und Slutshaming – behandelt sie jedoch auf leichte, liebenswerte Art und mit versöhnlichem Ende.  Ein Film von Frauen für Frauen über Frauen, dem aber bestimmt auch Männer etwas abgewinnen können und sei es eine Gebrauchsanweisung für die Klitoris.

Filmstill »The Balconettes« © slash Filmfestival

»Strange Darling« (US 2023)

Auch der Thriller »Strange Darling« von Regisseur JT Mollner lässt sich unter dem Schlagwort Feminismus einordnen, wenn auch mit einer einfacheren, etwas eindimensionalen Sichtweise. Erzählt wird der Film in sechs nicht chronologisch angeordneten Kapiteln um einen eskalierenden One-Night-Stand zwischen »The Lady« (Willa Fitzgerald) und »The Demon« (Kyle Gallner), und was anfangs als klassische Final-Girl-Story erscheint, entwickelt sich zu einem Katz-und-Maus-Spiel mit umgekehrten Rollenbildern und überraschendem Twist. Dabei bietet »Strange Darling« dank der guten schauspielerischer Leistung und dem zurecht gelobten Kameradebüt von Giovanni Ribisi solide, temporeiche Unterhaltung – bleibt aber letztlich ein One-Trick-Pony ohne tiefere psychologische Einblicke und damit ein »eh okayer« Grindhouse-Ableger ohne weitere Überraschungen. 

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