Hayden Silas Anhedönia ist den meisten Leuten seit ihrer 2021er-EP »Inbred«, spätestens aber seit ihrem Debütalbum »Preacher’s Daughter« 2022 ein Begriff. Insbesondere die Single »American Teenager« wurde von Kritiker*innen gelobt und verkörpert das melancholische Bild einer von transgenerationalem Trauma geprägten Jugend, das im Mittelpunkt ihres musikalischen Storytellings steht. Ihr Alter Ego Ethel Cain ist eine zwischen 1970 und 1991 im Süden der USA aufgewachsene, schicksalsgebeutelte Kunstfigur, die aus ihrem konservativen, tiefreligiös geprägten Kleinstadtumfeld ausbricht, nur um in die Untiefen von Drogenkonsum, Gewalt und sexuellem Missbrauch abzugleiten, was letztlich auch ihr Horrorfilm-taugliches Ende besiegelt … man höre dazu »Strangers«, den letzten Track auf »Preacher’s Daughter«. Im Jänner 2025 erschien abseits dieser düsteren, in Musik gegossenen Young-Adult-Novella die EP »Perverts«, die, anders als das Pop-/Rock-lastige Debütalbum, weitgehend auf instrumentale Drone-/Dark-Ambient-Sounds setzt. Mit »Willoughby Tucker, I’ll Always Love You« verbindet Ethel Cain nun diese beiden Pole in einem Americana-lastigen Follow-up-Album, das durch instrumentale Charakterstudien seiner Hauptfigur (»Willoughby’s Theme«, »Willoughby’s Interlude«) ergänzt wird und in zwei monumentalen Slowcore-Nummern gipfelt: »Tempest« mit 10:00 und »Wilco, Texas« mit 15:15 Minuten, die die Erzählung wehmütig ausklingen lassen und den schweren Abschied von ihrer Jugendliebe Willoughby Tucker und allen auf ihn projizierten romantischen Vorstellungen eines erfüllten Lebens markieren. Einige der Songs auf »Willoughby Tucker« entstanden bereits während Cains Arbeit an »Preacher’s Daughter«, passten aber nicht in das trotz der mehr als einstündigen Spielzeit straffe Korsett der auf Ethel Cain fokussierten Erzählung. Hier findet sich Raum für Details und auch für andere Spielfiguren, etwa Ethels beste Freundin »Janie« oder die vermeintliche Konkurrentin Holly in »Fuck Me Eyes«. Im Zentrum steht aber ihre Beziehung zu Willoughby Tucker, »pretty boy, natural blood-stained blond«, dessen Lebensgeschichte einen nicht minder traumatischen Verlauf nimmt und dem das Album seinen Titel und Grundtenor verdankt. Ein schwermütiges, aber zu Herzen gehendes Folgewerk, dass nicht das letzte aus der Feder von Hayden Silas Anhedönia zu sein verspricht, denn die Geschichte der Cains ist als revers-chronologisches Triptychon von Tochter, Mutter und Großmutter angelegt. Live zu sehen ist das erweiterte erste Kapitel am 2. November 2025 im (leider schon ausverkauften) Gasometer in Wien.
Ethel Cain
»Willoughby Tucker, I’ll Always Love You«
Daughters of Cain
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