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Esther Bejarano & Microphone Mafia

Wie kann das sein - keine Menschlichkeit? Eine Kontextualisierung zur Musikrichtung HipHop. Ein skug-Gespräch mit der Wiener Rapperin EsRap anlässlich des Konzertes der Auschwitz-Ûberlebenden Esther Bejarano mit der Microphone Mafia am Mittwoch, 16. März im fluc am Praterstern, Wien 2.

»Kommt das im HipHop oft vor, dass Rapper die Lieder von anderen Musikrichtungen verwenden und dazu ihr eigenes Ding machen?«, frage ich Esra Özmen von EsRap. Denn die Auschwitz-Ûberlebende Esther Bejarano wird am 16. März im fluc singen wobei von ihrer Band Microphone Mafia alte jüdische Lieder von HipHop-Kaskaden umkränzt und umrankt werden. »Nein, das kommt nur ganz selten vor«, antwortet Esra, »denn in der Rap-Kultur ist es eher üblich, dass man eine Antwort gibt, ein Zeichen setzt, und somit nicht die Lieder von anderen verwendet. In der Popszene kann man die Lieder von anderen kaufen, bei Rap ist das ein Tabu, denn es geht um Widerstand, um Sichtbarkeit. Man stellt sich auf die Bühne, Rap ist mehr als Musik.«

Kutlu Yurtseven heißt der türkische Rapper aus Köln, der sich um Esther Bejaranos Lieder kümmert, sie aufnimmt und verwandelt, modernisiert sozusagen – oft sind es auch alte Widerstandslieder. »Ich finde es toll«, sagt Esra noch, die gemeinsam mit Flüchtlingen den Wiener Protest Song Contest gewann, »wenn gute Werke, die politische Kraft haben, die vor Jahren einen politischen Aufstand gebracht haben, wieder auftauchen. Mit denen sollte man arbeiten. Es ist auch im Namen von Rap wichtig, das zu machen, denn oft werden nur sexistische oder antisemitische Texte in die Öffentlichkeit transportiert. Das ist gute Arbeit von Kutlu!«

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Foto: Christina Pailitsch

Vom Mädchenorchester in Auschwitz weiß Esra nichts, vom Holocaust hat sie erst in der dritten Klasse der Hauptschule erfahren. Wenig hätte sie von der Schule mitgenommen, denn das Deutsche konnte sie in ihrem Umfeld nicht umsetzen, viele schulische Inhalte gingen verloren, »aber der Holocaust ist geblieben«. »Wie kann das sein?«, fragte sie sich, als sie von dem Morden hörte, »keine Menschlichkeit?« »Jeder sollte sich das denken«, sagt sie heute, »sonst habe ich Angst vor seiner Menschlichkeit. Bei dem muss etwas fehlen.«

Schon Esras Großvater kam als Gastarbeiter in den 1960er-Jahren nach Wien. In der Familie wird sein Lebensweg so erzählt, dass er Österreich wieder mitaufgebaut hat. »Österreich ging es schlecht nach dem Zweiten Weltkrieg«, erklärt Esra ihre Sichtweise, »und die Gastarbeiter halfen. Wir Kinder dachten immer, da muss etwas passiert sein, unsere Eltern sind nicht umsonst da. Nachdem wir in der Schule etwas über das Ganze erfahren haben, dachten wir uns, oh wir leben in einem Land, wo sie immer schon etwas gegen Ausländer hatten, wie damals schon gegen Juden. »Aber Juden waren keine Ausländer«, wende ich ein. »Sie lebten seit Jahrhunderten in Wien, wurden exotisiert, zu Fremden gemacht, verfremdet sozusagen.«

»Ich war auch keine Türkin, ich bin hier geboren und aufgewachsen, ich besitze die österreichische Staatsbürgerschaft. Ich wurde zur Türkin gemacht. Ich wurde getürkt, sozusagen«, lacht sie plötzlich. Esra wird am 16. März im fluc das Konzert von Esther Bejarano und der Microphone Mafia besuchen und eventuell selber als Willkommensgruß ein, zwei Lieder rappen: für die erstaunliche alte jüdische Dame, ihren tapferen Sohn und den großartigen Kutlu.

Esther Bejarano & Microphone Mafia

16. März, 21 Uhr, im fluc am Praterstern

in der Reihe »Shoah Memory Musik« von skug

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