a2692916292_16
Erik Friedlander

»Artemisia«

Skipstone

Das Cello ist ein trauriges Instrument. Deswegen macht es traurige Musik, wenn man auf ihm spielt. Musik der Trauer. Für jeden akustischen Ton fließt eine Träne in die Welt. Nicht zu verwechseln ist es mit der Geige, die aber auch traurig ist. Es gibt auch andere traurige Instrumente, wie zum Beispiel das Klavier. Zum Beispiel die »Mondscheinsonate« von Beethoven, die man darauf spielt, ist traurig oder die Lieder von Mozart (die sind aber auch manchmal lustig!), der in manchen Ländern wie ein Heiliger verehrt und ähnlich wie Jesus als Essen eingenommen wird. Manchmal treffen verschiedene Instrumente aufeinander, zum Beispiel das Cello, das Klavier und andere. Dann scheint es, als weine die ganze Welt. Aber in jeder Trauer steckt auch immer Optimismus, wie zwei Seiten einer Medaille. Und dann kommt das, was der Altgrieche Aristoteles die Katharsis nannte. Nämlich, dass, wenn alle kräftig geweint haben, danach alle zu lachen anfangen. Das alles kann die Musik. Auf seiner neuen Veröffentlichung »Artemisia« zeigt das auch der in der New Yorker Szene umtriebige Cello-Spieler Erik Friedlander (John Zorns Masada String Trio, Bar Kokhba, Mountain Goats oder auch Courtney Love etc.). Dafür hat er sich für andere Instrumente seine Band The Throw mit Uri Caine (John Zorn, Arto Lindsay) am Piano, Mark Helias (Ornette Coleman) am Bass und Ches Smith (Marc Ribot, Xiu Xiu usw. usf.) am Schlagzeug hinzugeholt und verbindet diese miteinander, sodass am Ende Lieder erscheinen. Für das Album hat er sich extra mit dem alten Getränk Absinth und dessen Geschichte beschäftigt, nachdem ihn eine Ausstellung von Picassos Absinth-Gläsern dazu inspirierte. Absinth soll ja nicht nur gut schmecken und grün aussehen, sondern auch einen Rausch auslösen, der etwas mit einem macht. Das Innere erleuchten, Euphorie auslösen, zum (Nach-)Denken anregen oder auch etwas entspannen. Auf dieser Grundlage hat Friedlander Songs geschrieben, die er der Musik und dem Absinth widmet. Sie fließen hypnotisch dahin wie Meditationen, mal über Trauer, mal über Obsessionen und mal auch einfach groovig-happy lebenstrunken. Das Album kam schon 2018 heraus, jetzt soll hier aber nochmal auf die Spezial-Edition mit dem Kunstwerk der japanischen Künstlerin Akino Kondoh aufmerksam gemacht werden sowie vor allem auf den Besuch der Band am 12. April 2019 im Wiener Porgy & Bess und am 13. April 2019 im Alten Schlachthof in Wels.

Home / Rezensionen

Text
Lutz Vössing

Veröffentlichung
27.01.2019

Schlagwörter

favicon

Unterstütze uns mit deiner Spende

skug ist ein unabhängiges Non-Profit-Magazin. Unterstütze unsere journalistische Arbeit mit einer Spende an den Empfänger: Verein zur Förderung von Subkultur, Verwendungszweck: skug Spende, IBAN: AT80 1100 0034 8351 7300, BIC: BKAUATWW, Bank Austria. Vielen Dank!

Nach oben scrollen