Von Patric Catani, Berliner DJ, Producer, Alles-Elektroniker, ist aus einem Interview mit dem Online-Magazin »Chain D.L.K.« von vor einiger Zeit der Satz verbürgt, angesichts intellektuell aufgeblasener Techno-Reviews könne er nur mehr herzlich lachen: »It’s still supposed to be party music, face it and stand up for it!«
Da wird skug als Kampfblatt der hedonistischen Drei-Tage-Wach-Internationalen natürlich gleich aufmerksam. Und so sitzt man dann in der Sonne am Berliner Kanal und freut sich auf eine gehobene Bashing-Session anlässlich des neuen Solo-Albums »Blingsanity«.
Um es vorweg zu nehmen: Meine etwas zu ausgesuchten Fragen zu Sprach- und Identitätsspielen und postmodernen Referenzhöllen laufen zielgenau ins Leere, während mein Gegenüber unter meiner immer deutlicher zutage tretenden Ahnungslosigkeit über Elektro-Subsubgenres, Produktionstechnik und Anlagenleistung zu leiden hat. Aber hey, wir lachen viel. Catani, Typ Peilo-Sympath, kommt just aus dem sommerlichen Bukarest (Rokolektiv-Festival, keine Plattenläden, aber super Elektro-Szene, interessante Sachen bei Soundcloud und dort eben wiederentdeckt: Rodeon, rumänischer Elektro-Psych-Rocker aus den Siebzigern) und ist noch etwas angeschlagen. Vielleicht liegt’s ja auch daran.
Patric Catani: Das Interview anlässlich der »Lowfistication«-Scheibe [veröffentlicht 2012 als Party Catani bei Cock Rock Disco, Anm. d. Red.] war natürlich sehr speziell und eine Ûbersteigerung von Dance-Music – schon irgendwie in der Richtung übersteuerte Sidechain, Jumpstyle, alles bis auf die Spitze getrieben. Und was natürlich bei dem Satz eine Rolle gespielt hat, war, wie relativ Preset-mäßige, Construction-Kit-, Ableton-Sample-Pack-Musik mit einem intellektuellen Ûberbau versehen wird, der eigentlich nicht da ist.
skug: Wobei sich, wenn es den nicht gibt, natürlich die Frage stellt: Wie redet man dann über Techno?
Ich rede selten über Techno. Ich rede über meine Musik, die ja doch eher – bezüglich der neuen Platte – bei Bass-Musik, D’n’B und psychedelischem Dance anzusiedeln ist.
Und wie kann man darüber sprechen!?
Ich musste bis jetzt nicht viel drüber reden, sie kommt ja gerade erst raus. Ich bin gespannt, was ich gefragt werde. Es ist ja mein erstes Soloalbum, das ich unter dem Namen Patric Catani gemacht habe.
Patric Catani war schon vieles: Zuerst E De Cologne, das war in den frühen 1990er Jahren, als er sich als Teenager in die Gabba-Szene stürzte, später Candie Hank, Party Catani, Very Impossible Person, Flex Busterman. Er arbeitete mit und war Teil der Puppetmastaz, EC8OR (mit Gina V. D’Orio von Cobra Killer), Xberg Dhirty Crew6 und Driver & Driver (mit Chris Imler of Jens-Friebe-, Peaches-, etc.-ruhm). Hinzu kommen zahllose kleinere Projekte, Theater-, Kunstkontext-, Soundtrack- und Produktionsarbeiten, zuletzt etwa für Fraktus. Mit »Blingsanity«, das aktuell auf Keep It Business erschienen ist, legt er das Spiel mit Namen auf Eis. Oder: Tut zumindest so.
Warum jetzt »Patric Catani«?
Ich habe sehr lange rumgeforscht, was der Catani-Sound sein könnte, weil ich ja aus einem ganz anderen Background komme. Viele kennen mich aus ganz frühen Tagen, was eher sehr brachiale Musik war. Dann habe ich mich eher im Hintergrund aufgehalten, Puppetmastaz, Remixe, und mich eher auf mein anderes Projekt Candie Hank und andere Projekte konzentriert, um eine neue Linie für mich zu finden, die ich auch für mich vertreten kann, ohne diese alte Richtung weiter zu bedienen. Es wäre eine Option gewesen, da weiter zu machen, weil es einen Markt dafür gibt, aber das wollte ich nicht, ich wollte Sachen ausprobieren.
Wie viele Projekte waren das über die Zeit?
Im Grunde überwiegend drei. Ich komme aus einer Zeit, in der man viel mit Projekten gemacht hat, Atom(TM) ist da vergleichbar – im Grunde so eine Comic-Idee. So ist ja auch Candie Hank entstanden, mein Live-Projekt. Für den kämm‘ ich die Haare nach hinten – es ist mein Bühnen-Panzer.
Ein Panzer, den er jetzt wieder auszieht. Viel Comic ist nicht geblieben auf dem Solo-Album. Humor und eine gewisse Sattheit an Referenzen zeichneten den Sound des Berliners seit langem aus – vor allem die Welt des Edgar Wallace, des Fifties-SciFi (»Das hat mich beeinflusst, weil ich mit meiner Mutter schon sehr früh solche Sachen geguckt habe«) und der frühen C64-Computerspiele (»Katakis habe ich durchgeschafft, oder so was wie Turrican. In meiner Schulzeit hatte man immer stapelweise Disketten dabei«) wird in seinen exzentrisch »acidierenden« Klangwelten immer wieder evoziert. Mit »The Horrible Plans of Flex Busterman« legte er 1997 ein legendäres 8Bit-Album vor, eingespielt mit Commodore 64 und Amiga 500 und mit Verweisen auf Rob Hubbard, der Mitte der 1980er quasi den Spiel-Soundtrack erfand. »Blingsanity« bewegt sich in den gleichen Soundgalaxien, es ist aber eher ein ziemlich geil wabernder Malstrom denn ein nervös hüpfender Supermario im Wunderland.
Mit Samples hältst du dich, anders als früher, diesmal zurück, oder?
Es war mir wichtig, eine Arbeitsweise zu finden, bei der die Maschinen die Sachen ausdrücken, um damit einen eigenen Humor zu generieren, eine andere Ästhetik. Auch wenn es manchmal übersteuert ist, ist es trotzdem sehr ausgearbeitet, wo ich mich über jedes Rauschen freue, das auftaucht.
Das ist ja fast so ein Rock-Ansatz, alles selbstgemacht, so Authentizitäts-mäßig!
Ja, aber das war auch früher bei vielen Sachen so, dass das gespielt war, nur Sample-basiert aufgenommen. Aber hier ist klar, das sind Sachen, die sind genau so geschrieben, genau so ausprogrammiert. Ich bin jetzt quasi ein Ein-Mann-Soundsystem, ich kann das mehrere Stunden bedienen. Früher war das Samplen interessanter, wir haben das in Kleinarbeit gemacht. Mittlerweile wird es eine Zufallssache, wo es, in Zusammenarbeit mit mehreren Gigabytes Samples, die man dazu geliefert bekommt, darauf ankommt, wie leistungsfähig das Plugin ist. Ich wollte das anders betreiben und meiner Musik dennoch eine Relevanz geben in diesem Overload an Packages, die man bereitgestellt bekommt.
Und dafür behältst du deinen Science-Fiction-Sound bei …
Das sind meine Wurzeln, die ich in einen neuen, instrumentalen Kontext rücken wollte. Da wären natürlich auch Sachen dabei, die hätten sich total für eine Arbeit mit einem Rapper geeignet, aber das Instrumentale als neue Richtung war mir wichtig, auch von der Botschaft. Im Bass-Feld gibt es sehr wenig an Rap, der mich anspricht. Ich mag das vom Sound, aber wenn’s nur um Geld geht, darum, wie geil der Typ ist, dann höre ich komplett weg, und das geht vielen Leuten genauso. Es ist es mir wichtiger, dass man sich über eine längere Zeit trifft und eine Story findet, und das ist dann eher Science Fiction oder Space oder ein weiteres Feld; einfach ein größerer Kosmos, als der, in dem es nur darum geht, was man sich kaufen kann in dieser »Blingsanity«-Zeit.
Patric Catani: »Blingsanity« (Keep it Business/Cargo)