Musiker, die Zeilen wie »Black Beauty, I Love You So« oder »She Is The Day Of Love« schreiben, begeben sich erfahrungsgemäß auf dünnes Eis, immer in der Gefahr, völlig in romantisierenden Kitsch abzurutschen. Es bedarf entweder halsbrecherisch-ironisierender Risikofreude oder einer glaubwürdigen Stimmakrobatik, die einen die Einsturzgefahr völlig vergessen lässt. Keine Frage, den Buckleys sind solcherlei Kunstgriffe ohne größere Anstrengungen gelungen. Acht Jahre nach Jeff Buckleys Tod machen sich nun Mathew Herbert & Dani Siciliano, Adem, Micah P. Hinson, Steven Fretwell und diverse andere (deren Namen mir alles andere als firm sind) daran, diese doch so heiklen Songs mit frischer Farbe zu bepinseln. Da wäre zum Beispiel der Titeltrack »Dream Brother«, dessen leicht oszillierender, in Reverb getunkter Gesang gegen Ende in kräftigen, verzerrten Beatgewittern versinkt. Oder Adem, der den oben zitierten Zeilen in »Morning Theft« ihre zarten Eigenständigkeiten abgewinnt, ganz so, als wäre dieses Stück wirklich im schalen Schlafzimmer-Morgenlicht, mit Gitarre und Vierspurrecorder aufgenommen worden. Neben einigen Juwelen, wie das von Matthew Herbert und Dani Siciliano elektronisch perfektionierte »Everybody Here Wants You« finden sich leider auch einzelne Tracks, die von naivem Epigonentum und triefend-kokettiertem Schmalz nur so strotzen (z.B. »I Must Have Been Blind« von The Ear Lies oder »Sing A Song For You« von The Magic Numbers). Und trotzdem: Gerade das Beobachten all dieser Gratwanderungen zwischen Kitsch und Emotion, zwischen Plagiat und Remix, zwischen Fehltritt und Geniestreich machen diese Compilation so wahnsinnig spannend.
Various Artists
»Dream Brother«
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