Nicht, dass man heimische Musiker noch in die Wüste schickt, sofern sie sich nicht dem mehr als durchwachsenen Austropop oder nun dem leider auch wieder nahezu ausnahmslos deutsch auftretenden Austropop neu (nichts gegen Bilderbuch oder Wanda!) unterwerfen. Awopbopaloobop?! Auch weit gefehlt mutmaßte man, Son of the Velvet Rat wären vor wenig erbaulichen Rezensionen geflohen. Denn die meisten fielen sogar extrem positiv aus und das eine oder andere Printmedium zog es ohnehin vor, den wertvollen Space lieber abgehalfterten Major-Acts zu spenden. Nein, niemand geringerer als Produzent Joe Henry sah die Notwendigkeit, dass endlich einmal ein Kontinentaleuropäer seine Version von Americana höchstpersönlich im Lande Trump feilbietet. Super. Denn Altziebler ist zweifellos einer der wenigen heimischen Sänger, die sich nicht im Alpenraum verdingen müssen.
Altziebler und seine Mitmusikerin und Frau Heike Binder zog es also vor einigen Jahren von Graz geradewegs in die Wüste Kaliforniens, 200 km östlich von Los Angeles, in das mythenumrankte Kaff Joshua Tree, wo sie der Legende nach fortan die Hälfte des Jahres verbringen. Mit »Dorado«, ihrem sechsten Album, gelang Son of the Velvet Rat abermals ein famoses Werk. Hervorragende Songs, überzeugende Baritonstimme und natürlich vortrefflich arrangiert. Zudem besorgt auf »Blood Red Shoes« niemand geringerer als die legendäre Victoria Williams die bezaubernde stimmliche Begleitung, die in einem »Sha la la«-Modus-Procedendi gipfelt, der unüberhörbar an Leonard-Cohen-Passagen gemahnt. Das Album verbreitet eine Stimmung, die nicht nur, aber jedenfalls vortrefflich in düstere (Jahres-)Zeiten passt. Wiewohl es nicht unpässlich gewesen wäre, neben dem beschwingten »Surfer Joe« noch den einen oder anderen Stimmungsaufheller einzustreuen. Jedoch, »Summer’s gone without a reason«, wie Son of the Velvet Rat so treffend in »Carry on« formulieren, das auf ihrer Facebook-Seite in einer hervorragenden Live-Version im The Hotel Cafe, Los Angeles, zu hören ist.
Überraschenderweise, das will hier nicht verschwiegen werden, findet das Album »Dorado« sich sogar in den Jahrescharts der »Kronen Zeitung«. Recht so. Denn ein international konkurrenzfähiges heimisches Pop-Album soll auch in unseren großen Medien – Ö3 hält da leider noch Winterschlaf – präsent sein und gefeatured werden.