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Dancefloor-Tunes aus St. Petersburg

Das Wiener Label Subetage sorgt mit dem Sampler "PutINout" für Furore.

Zwar verirrte sich Ende Mai fast niemand in den Wiener Volksgarten (real-audience.net), um Roman Belavkin aka Solar X zu lauschen. Als einer der Pioniere neuer elektronischer Musik in Russland (1994 Gründung des Labels Art-Tek) lag er ziemlich quer zu dem, was vergleichsweise Erdem Tunakan oder P Dexter an diesem Abend boten. Enorme Räudigkeit und die Verwendung von altem Sowjetequipment zeichnet auch die Musiker/DJs aus, die auf Subetage Records die Gelegenheit bekommen, eine westliche Hörerschaft zu erreichen.

Diese müsste den Russen dankbar zu Füßen liegen, da die einzelnen Tracks keine HipHop- und sonstige Tanzboden-Klischees transportieren, sondern u. a. mit mächtigen Bässen die Eigenständigkeit der Künstler offenbaren. skug sprach mit Sabotage-Communications-Impresario Robert Jelinek, um mehr über die Hintergründe dieser CD-Produktion – die Auflagezahl beträgt einen Nuller mehr! – zu erfahren.

Wie hat sich die Verbindung nach St. Petersburg ergeben? Warum gerade das ehemalige Leningrad und nicht Moskau?

Unsere Petersburg-Connection hat bereits Tradition, da wir dort unseren Plattenvertrieb haben. Durch einen russischen Mittelsmann in Wien werden die Platten seit Jahren nach Finnland versendet und mit einem Schulbus über die Grenze nach Russland transportiert. Es ist bekannt, dass die Szenen in Petersburg und die in Moskau kein gutes Verhältnis miteinander pflegen. Das kommt auch daher, dass Moskau der zentral ökonomische Wasserkopf Russlands ist. Man muss als Einzelunternehmer ein Bankkonto bzw. einen Briefkasten in Moskau haben, um Geschäfte machen zu können. Petersburg war für mich deshalb interessanter, da die Stadt starke Jazz- und Klassikwurzeln hat. Und verglichen mit Moskau gibt es in der Stadt mehr Produktionen mit weitaus schlechteren Verbreitungsmöglichkeiten.

Zur Szene: Haben da eher nur Neureiche Zugang oder kann schon von einem blühenden „Underground“ gesprochen werden?

Die Karten sind gut gemischt. Aufgrund der begrenzten Möglichkeiten greift die Szene natürlich auf den Mainstream zurück und infiltriert ihn. So kann man z. B. im russischen „Playboy“ einen Zwei-Seiten-Artikel über die letzte Coil-CD „nachlesen“. Und natürlich laufen Videos einiger „putINout“- Artists auf dem russischen MTV. Jedoch können sich die Jungs oft nicht das Taxi in den Club leisten, in dem sie am Abend auflegen.

In Russland ist es schwierig, Tonträger auf den Markt zu bringen, weil vermutlich zuwenige Menschen sich den CD- bzw. Vinyl-Erwerb leisten können. Oder gelingt das dem St. Petersburger Recordshop Interactive, mit dem Subetage kooperiert, doch gut?

Anders wie in Tschechien oder Polen gibt es seit dem Fall der Mauer in ganz Russland keine bestehende Vinylproduktion mehr – das ist also fast so wie in Österreich. Dementsprechend ist dort der Bedarf nach DJ-Vinyl hoch und nur importierbar. Durch die unkontrollierbare Marktwirtschaft hat sich ein professioneller CD-Piratenberufsstand entwickelt, der bei uns mit einem normalen Distributor zu vergleichen wäre. Durch Raubkopien von aktuellsten internationalen Musikproduktionen und Softwareprogrammen kann man auf der Straße alles kaufen und vor allem billig. So haben wir die „putINout“-CD in Russland als Kassette/CD legal an Piraten lizensiert und illegal vertreiben lassen.
Das hatte den Vorteil, dass die uns nicht zuvorkommen konnten und wir deren Vertriebsnetze nutzten. In der Regel werden CDs nur in den großen Städten vertrieben, in den Regionen werden ausschließlich Tapes angeboten. In China haben die Musikmajors daraus gelernt und gleich selbst nur eigene Fake-Raubkopien à la Britney Spears auf dem Markt platziert.

Sind Folgeprojekte in Planung?

Im Herbst wird eine feine Kompilation mit HipHop aus Kazachstan erscheinen. Und mit dem Petersburger HipHop-Produzenten DA 108 machen wir eine Soloplatte. Natürlich auf Vinyl!

„PutINout“ – „Finest Tunes from Saint Petersburg“ (Subetage/Geco/Hoanzl/Indigo)

Release-Partys:
25. 8. Flex, Wien
31. 8. Freud, Feldbach
1. 9. Ultraschall, München

live:
DA108
PCP
on decks:
DJ Chak
DJ Zorkin
DJ Demidov

www.sabotage.at

Home / Musik / Artikel

Text
Alfred Pranzl

Veröffentlichung
18.07.2001

Schlagwörter

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