dan pitt
Dan Pitt Quintett

»Horizontal Depths«

Self-release

Am 5. April 2024 verstarb der Klarinettist Phil Nimmons in seinem 101. Lebensjahr. Der vielfach Ausgezeichnete galt als eine der Schlüsselfiguren des kanadischen Jazz. Dan Pitt, ebenfalls aus Kanada stammend, hatte 2016 die Gelegenheit, an Nimmons’ Kompositionskurs teilzunehmen. »Phil hatte eine Art, vieles […] in Frage zu stellen. Ich habe vor allem mitgenommen, dass ich meine Ohren mehr als meine Augen zur endgültigen Beurteilung heranziehe.« Soweit Pitt im Interview mit Lawrence Peryer. Am 1. November 2024 erschien das Album »Horizontal Depths«, eine Hommage an Nimmons. Pitt hatte zu diesem Behufe seine Band – ursprünglich ein Trio – um zwei Bläserstimmen erweitert. Naomi McCarroll-Butler spielt Alto und Bassklarinette, Patrick Smith Tenor. Alex Fournier und Nick Fraser begründen den Rhythmus mittels Double Bass und Schlagwerk. Pitt spielt E-Gitarre und hat alle Stücke komponiert. Er macht sich keine großen Gedanken darüber, welchen Einfluss seine Musik haben mag, er hofft, dass Hörer*innen sie genießen. Viel besser kann man seinen Ansatz nicht beschreiben. Das jüngste Album seines Quintetts ist purer Jazz-Genuss vom ersten bis zum letzten Ton. Beiträge dazu liefern die Vielfältigkeit der Kompositionen, das feine Zusammenspiel der Bläserstimmen, zu zweit und im Verein mit der Gitarre des Bandleaders. Dafür legt das rhythmische Duo eine solide Basis, meist mit vornehmer Zurückhaltung; gelegentlich werden – ganz klassisch – Kostproben der jeweiligen Virtuosität angeboten. Pitt ist nicht nur ein guter Komponist, sondern ein Gitarrist, dem man gerne zuhört, seine Läufe sind frei nach Tante Jolesch gespielt: immer eher zu wenig als zu viel und schon gar nicht ausufernd. Das Album fängt mit »27 Hours« recht rockig an. Die horizontalen Tiefe im ersten Teil eröffnen die Saxophone in trautem Aufeinander-Zugehen, später setzen die Rhythmiker und die Gitarre zugleich ein – das kurze Stück kennt unterschiedliche Timecodes und klingt entspannt aus. Daraufhin folgt ein von der – wieder einmal orientalisch klingenden – BCL getragenes »This Is Fine«, das zunächst latinmäßig swingt, und zwar so kräftig, dass das Tanzbein zuckt, bis eine geradlinige, verzerrte Gitarre andere Töne (sowie Rhythmen!) anschlägt und uns daran erinnert, wie sehr wir den frühen John McLaughlin verehrt haben – um schließlich von den Bläsern wieder Latin-groovig eingefangen zu werden. Wir springen ans Ende des Albums, an die (mit einem netten Wortspiel) »Lester Sleeps In« betitelte Ballade. Wir hören jedoch weder Swing noch Bebop, sondern einen langsamen Song, der vor Ebenmaß nur so trieft und in dem insbesondere die Saxophon-Spielenden den Wohlklang ihrer Hörner noch einmal in die Auslage stellen. 

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