cover-nothaft.jpg
Christian Nothaft

»Arowana Sessions«

Bodensatz

Manchmal kommt Musik daher, die klingt als wäre sie gerade aus einer Flaschenpost, einem Zeitloch geschlüpft, ohne dabei Retro oder Teil eines (stattfindenden, kommenden) Revivals zu sein. Sie macht sich einfach quasi singulär breit, hat mitunter Ticks und Macken wie Einzelkinder und ist auch einem gewissen Autismus nicht abhold. Die zwischen 1998 und 2010 entstandenen »Arowana Sessions« des Münchner Musikers Christian Nothaft fallen genau in diese Kategorien, nur um dann gleich wieder da heraus zu fallen. Im Grunde hören wir Midi-Files, zusammengebastelt mit Cubase und der titelgebenden Billigsoundkarte Arowana. Eigentlich ein Terrain zwischen 8bit- und Atari-Sounds, dass längst abgegrast scheint. Nur dass das hier alles überhaupt keine Rolle spielt (und wenn, dann als das was drau&szligen bleiben muss). »E-Metal« nennt Christian Nothaft an einer Stelle im Booklet seine Tracks und lässt offen, für was dieses »E« nun stehen mag. Indizien zwischen »Ernst«, »Elektronik«, »Ekstase«, »Exzess«, »Entschleunigung« gibt es in den zwischen Dancefloor und Minimal hin und her schwankenden Stücken genug. Aber auch »Metal« lässt sich nicht so einfach erklären. Brachial und hart mag zwar als Idee dahinter stehen, nur wieso haben wir es dann mit »Streichquartetten«, Klavieren und anderen klassischen Instrumenten zu tun, und weniger mit runter gestimmten Würgegitarren? Metal als radikale Form einer Avantgarde zu lesen, die mit offenen Ohren in alle Richtungen Rockidiome längst hinter sich gelassen hat, dürfte auch hier der Schlüssel sein. Weniger jedoch als simpler ?bersetzungsmechanismus (etwa in besagte »Streichquartette«), denn als Transformation in die Möglichkeiten und Limitationen einer Billigsoundkarte. Es geht hier schlicht (und ebenso einfach wie effektiv) um eine Software als Instrument. Um das schon oft in Angriff genommene Unterfangen einer sich selbst spielenden Musik. Was die »Arowana Sessions« jedoch von ähnlichen Unternehmungen unterscheidet ist eine Art seriöser Cheesyness der Sounds, die mitunter an die immer auch etwas unheimlichen wie wunderlichen Klänge alter Musikautomaten und Spieluhren erinnern.

Home / Rezensionen

Text
Didi Neidhart

Veröffentlichung
13.05.2011

Schlagwörter


favicon

Unterstütze uns mit deiner Spende

skug ist ein unabhängiges Non-Profit-Magazin. Unterstütze unsere journalistische Arbeit mit einer Spende an den Empfänger: Verein zur Förderung von Subkultur, Verwendungszweck: skug Spende, IBAN: AT80 1100 0034 8351 7300, BIC: BKAUATWW, Bank Austria. Vielen Dank!

Nach oben scrollen