Nach dem letzten Buch, das als Nebenwerk einzustufen ist, legt De Carlo nun wieder ein Meisterwerk vor: In »Das Meer der Wahrheit« beschreibt er das Leben von zwei Brüdern, die nicht unterschiedlicher sein könnten – der eine, Fabio, ist ein gestresster Politiker, der andere, Lorenzo, hat sich aufs Land zurück gezogen. Durch den Tod ihres Vaters werden die beiden in Mailand zusammen geführt. Der Vater war Wissenschafter und hinterlässt seinen Söhnen die kritische Schrift eines afrikanischen Geistlichen, die sich mit AIDS und Glaube beschäftigt.
Beim Begräbnis lernt Lorenzo die dänische Aktivistin Mette kennen und schlägt sich – aus Liebe – auf ihre Seite. Als das Büro ihrer Organisation Stopwatch in die Luft fliegt und ein Mitarbeiter und Vertrauter Mettes stirbt, werden Lorenzo und Mette zu Gejagten.
Hinaus aufs Meer
Sie begeben sich ans Meer und segeln schließlich über das Mittelmeer. Und spätestens ab diesem Punkt nimmt das Buch – gleichsam mit dem aufkommenden Wind – Fahrt auf und zieht den Leser in seinen Bann.
De Carlo beschreibt wunderbar zurückhaltend und stilsicher die zwischenmenschliche Annäherung von Lorenzo und Mette. Im Zuge der Flucht werden die beiden getrennt und treffen einander – auf der Suche nach dem Manuskript – in Portugal wieder. Gegen Ende hin bietet De Carlo alles auf, was zwischen Detektiv- Reise- und Liebesroman möglich ist und macht »Das Meer der Wahrheit« so zu einem Lesegenuss.
Andrea De Carlo: »Das Meer der Wahrheit« (Zürich: Diogenes: 2008), S. 348), € 21,90