Die Musik von Amon Tobin zu beschreiben, ist nicht einfach. Elektronisch? Ja, sicher. Avantgarde? Eigentlich schon. Pop? Immer wieder mal in Ansätzen. Jazz? Irgendwie auch. Ambient? Kann er ebenso, ja. Amon Tobin lässt sich schwer, ja eigentlich unmöglich in eine Schublade stecken und jedes Album ist ein neues Erlebnis und eine Welt für sich, die sich einer adäquaten Beschreibung in Worten regelrecht entzieht. Kein Wunder, wenn man die Entstehung seiner Musik näher betrachtet. Selbst profane Geräusche wie etwa fallende Nägel werden durch entsprechende Bearbeitungen zu ganzen Soundkonstruktionen aufgebaut. Acht Jahre mussten die Fans des brasilianischen Musikers und DJs nun auf das nächste Album – Soundtracks und Kooperationen unter anderem Namen nicht inkludiert – warten, ehe in diesem Jahr »Fear in a Handful of Dust« veröffentlich wurde und Kritiker*innen sogleich zu Begeisterungsstürmen verführte. Nach dieser langen Wartezeit nahm es dann aber auch gleich Wunder, als Tobin kurz darauf ankündigte, gleich noch ein zweites Album hinterher zu werfen. »Long Stories« könnte seinem gerade zitierten Vorgänger nicht entgegengesetzter sein. Während »Fear in a Handful of Dust« ein kantiges, fast aufgeregtes und mit allerlei Klangerlebnissen ausgestattetes Werk ist, gibt sich »Long Stories«, der Name verrät es bereits, langatmiger. Beide Alben entstanden zur selben Zeit und versammeln Stücke auf sich, die jeweils ein rundes Ganzes ergeben. »Long Stories« sind mal längere, mal kürzere Tracks, fokussiert darauf, ausgewogen, ja ungewohnt melodisch und balanciert zu sein. Tracks, zu denen man sich – und das ist bei Amon Tobin sicher nicht die Regel – entspannt zurücklehnen und genießen kann. Plötzliche Überraschungen, eine ungewohnte Wende und Knalleffekte erwartet man hier vergebens. »Long Stories«, das ist fast schon eine Hommage an Brian Eno. Ein Album, das sich für einen Abend definitiv lohnt und wohl, so erwähnt Tobin, nicht das letzte Album für die nächste Zeit. Vier weitere sollen in den kommenden Monaten folgen, heißt es. Man darf gespannt sein.
Amon Tobin
»Long Stories«
Nomark Records
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