Im Untertitel heisst Vernes Roman aus dem Jahr 1868 »Direktflug in 97 Stunden und 20 Minuten«. Diese Angabe steht programmatisch für das ganze Buch: Den Verne genügt es hier nicht, sich im Genre Science Fiction zu bewegen. Es scheint, als wollte er die aus damaliger Sicht wohl völlig irreale Vorstellung einer Reise zum Mond durch wissenschaftliche Daten realistischer machen. Verne stellt zunächst die bisher gewonnenen Erkenntnisse über den Mond dar, in bester Science Fiction-Manier geht es in weiterer Folge um die Planung der Mondreise durch einen Zirkel Bostoner Honoratioren: Verne stellt Berechnungen und Überlegungen der Protagonistinnen detailliert dar.
Science & Fiction
Außerdem integriert Jules Verne einen fiktiven Briefwechsel mit der Universität Cambridge in seinen Text, der erklärt, welcher Zeitpunkt im Jahr für die Reise besonders günstig ist. Schliesslich geht es um die Festlegung eines Startort – die Wahl fällt auf Florida, von wo auch real Raketen gestartet sind: In Cape Canaveral. Penibel schildert Verne die Herstellung des Fluggefährtes, eine Art Kapsel, in der auch Reisende Platz finden. Denn als ein abenteuerlustiger Franzose in Florida eintrifft, wird rasch klar, dass es keine unbemannte Reise sein würde. Das überraschende Ende möge jede LeserIn selbst entdecken!
Aufwändige Neuauflage
In der Neuübersetzung von Volker Dehs ist »Von der Erde zum Mond« ein aufwändig aufbereitetes Taschenbuch: Die Originalillustrationen aus dem 19. Jahrhundert sind in den Romantext eingebaut. Sprachlich merkt man dem Buch sein Alter natürlich an, doch Verne vermag auch nach 140 Jahren immer wieder ein Schmunzeln zu erzeugen, etwa wenn er den Guss der riesigen Kanone beschreibt, die die Mondkapsel abschiessen wird. Beim Guss kommt es zu Rauchentwicklung, Verne schreibt: »Wilde, die vielleicht am Horizont herumirrten, hätten glauben können, der Bildung eines neuen Kraters mitten in Florida beizuwohnen…()…«
Ein rund einhundert Seiten langer Anhang gibt – ähnlich genau wie Jules Verne die Vorbereitungen zur Reise – literaturwissenschaftliche und bibliographische Hinweise, außerdem wird eine Zeittafel zu Jules Vernes Leben dargestellt. In dieser nun vorliegenden Ausgabe ist »Von der Erde zum Mond« somit viel mehr eine Neuauflage. Übrigens: Initiator des Mondfluges ist ein Zirkel von Bostoner Honoratioren, der sich Gun Club nennt – von hier hat als Jeffrey Lee Pierce seinen Bandnamen entlehnt!
Jules Verne: »Von der Erde zum Mond« (dtv: München: 2008), 350 Seiten, 9,90 Euro
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