Ist es nicht schön und ergiebig sich einmal nicht ewig den Kopf zermartern zu müssen an wem sich diese oder jene Band nun orientiert, nach wem sie klingt – sondern Einflüsse gemütlich auf den Teller serviert zu bekommen? Dem Hinzuzufügen wäre, dass es nicht zwangsweise einem Qualitätsverlust gleichkommt, KünstlerInnen ohne Widerrede ins Maul schauen zu dürfen, da Vorbilder wenig subtil versteckt werden – vielleicht sogar im Gegenteil.
Comanechi sind in der Londoner Alternative-Szene verhaftet, machen auch ab und an Ausflüge zu britischem Indie-Rock à la Art Brut oder The Rakes – in Momenten, in denen sich ausnahmsweise eine gewisse Leichtigkeit in die Musik einschleicht. Mehr als Abstecher sind es aber dann (zum Glück) nicht. Die Frontfrau Akiko Matsuura singt und schreit in Sphären von Kathleen Hanna, Kim Gordon oder einer frühen Courtney Love, führt primär das Riot-Girl-Ding weiter, setzt feministisch an, singt gerne über ihre Pussy – warum auch nicht. Grunge wird weniger musikalisch als symbolhaft zitiert, speziell in den Videos – etwa wenn der Fokus auf sich bewegenden Mündern liegt oder sich die Frontfrau am Ende des Videos vor die Kamera niederlegt, als Zeichen dafür, dass nun alles gesagt wurde. Schlichtheit und unerschöpfliche Energie sind auch als Beweis für ein Verständnis der früheren Seattler Szene zu unterstreichen.
Das zweite Album ist sperriger und herausfordernder als das erste, wobei sich das Gefühl durchzieht es mit etwas »Halb-Experimentellem« zu tun zu haben, das vom Song-Ding eben doch nicht ganz weg will. Allgemein ist die Platte aber mutiger, noisiger als »Crime of Love«. Es gibt auch nicht allzu viele Bands, die heutzutage noch Split-Singles machen (»Let me Bloom« zusammen mit der Glasgower Band Divorce) oder ein Album mit einem Prolog beginnen und mit einem Epilog enden lassen.
Eine gewisses Posertum lässt sich nicht wegradieren, Optik/Ästhetik betreffend hatten wir das definitiv schon mal (siehe White Stripes oder The Kills). Comanechi machen nichts Neues, führen aber eine Tradition von Rockmusik fort, die die Bezeichnung »Alternative« auch wirklich verdient. Die Single »Dream of Dream« muss sich an Eindringlichkeit vor alten Riot-Girl-Geschichten wie Bikini Kill, L7 oder den frühen Hole nicht verstecken. Warum die Band noch nicht bekannter ist bleibt hinterfragenswert. Sex als Provokation – auch als weibliche -, schockt dann, obwohl gewitzt, eben auch nicht mehr so richtig. »My brother fucked me, he’s a model, I’m not into fashion, I’m into punk«. Aja, Stoner Rock und QOTSA werden auch noch ab und an in die Soundflächen miteingearbeitet, die Leichtigkeit der Eagles Of Death Metal schimmert durch und Yeah Yeah Yeahs-Drums grüßen mal eben um die Ecke. Nur dass wir hier keine Einflüsse vergessen.