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Paz

»Paz«

(Aparté)

Etwa sieben Jahre nach seinem Comeback mit Détroit (mit Pascal Humbert von 16 Horsepower am Bass) und gut zwei Jahre nach dem Soloalbum »Amor fati« zeigt Bertrand Cantat gemeinsam mit dem Schriftsteller Caryl Férey unter dem Namen Paz, dass er noch immer ein großartiger Künstler ist, seine Stimme so eindringlich und seine Texte so schön poetisch wie eh und je. Namensgeber des Projektes, das nach einer gemeinsamen Performance von Cantat und Férey (»Condor live«) ins Leben gerufen wurde, ist Féreys gleichnamiger Roman »Paz«, der 2019 bei Gallimard erschien. Ein Thriller, der sich mit der Geschichte verschiedener Protagonist*innen in Bogotá vor dem Hintergrund des kolumbianischen Guerillakrieges beschäftigt und von Drogen, Prostitution und Gewalt erzählt. So düster wie diese Geschichte ist bekanntlich auch die von Bertrand Cantat selbst, der, einst quasi französischer Nationalheld, nach dem Totschlag seiner Freundin und einem Suizidversuch die Gemüter spaltet. Eva Umbauer hat dazu alles Nötige geschrieben. Das Album beginnt mit dem atmosphärischen, von vereinzelten Gitarrensaiten besprenkelten und Keys durchflossenen Song »Babel«, bei dem die von Cantat geflüsterten Worte gegen Ende miteinander verschwimmen und ihren Sinn zu verlieren scheinen. Er flüstert »Shalom«, »Paz«, »Peace« usw., verschiedene Worte für »Frieden«, doch es klingt nach allem anderen als danach. Das etwas noisige »La Dune« hört sich verzweifelt an, wenn Cantat wiederholt »Repose-toi là, repose-toi« singt, von jemandem, der sich ausruhen will, dem alle Öffentlichkeit zu viel wird, dem die Welt zu viel wird. Ziemlich schöne Nummer. Der Text von »Diana« ist Féreys Feder zuzuschreiben und ebenso wunderbar vorgetragen, bis er wie alles gegen Ende des kurzen, traumartigen Stücks mit Noise untermalt zum Höhepunkt kommt. Doch alles bleibt ganz sanft. Ganz besonders schön, und hier hört man den »alten« Bertrand Cantat, ist es, wenn die verzerrte Gitarre hämmernd mit seiner dramatischen Stimme verschmilzt. Mit 2:32 Minuten einfach viel zu kurz, die Wucht kann sich kaum entfalten. Und in »Fleur du Bunker« singt er die herzzerreißenden Zeilen: »Enterre, déterre, la hache de guerre / On ne peut pas toujours s’aimer / Fleur de bunker, à votre bon cœur / Tout ira bien, tout ira bien / Berce-moi sans douces illusions / Accorde-moi la trêve quand pâlit la saison«, im Hintergrund bloß minimale Basstöne und süßliche Streicher. Und immer wieder »Tout ira bien«, alles wird gut. Man wünscht es ihm ja. Beim letzten Song, dem längsten mit acht Minuten, klingt er wieder sehr nach Cantats ehemaliger Band Noir Désir, natürlich in einer düsteren, aber auch aufgebrachten, lebendigen Sprache, wenn er hinter einem einfachen Drum-Beat und eindringlicher Gitarre singt: »Et nulle part est amour qui hurle en tout lieu le temps d’une paix éclair«, der Beat sich langsam aufbaut und Platz für Cantats poetische Parolen bietet. Ein wirklich schönes Album. Die Veröffentlichung im Rahmen eines Konzerts sollte am 31. März 2020 in Bordeaux stattfinden, wurde aber nach öffentlichem Druck abgesagt.

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