Mit wundervoll bunten und lebhaften Animationen auf Instagram hat Pianist/Producer Kiefer seit einigen Monaten bereits seine Neuerscheinung angepriesen. Die Bewegtbilder sind wie kleine Wimmelbilder am Smartphone, denen man ewig zusehen könnte: Überall gibt es kleine Bewegungen und Ereignisse und das Ganze ist untermalt mit einem Loop aus Kiefers Musik, der durch die Smartphone-Boxen zu gefallen weiß. Seit 5. April 2019 ist die EP »Bridges« nun erhältlich und im Gegensatz zu der hübschen Werbekampagne fehlt es diesem kurzen Release ein wenig an Substanz. Kiefer geht weg von dem hauptsächlich HipHop-beeinflussten, recht stoned klingenden Sound des Vorgängeralbums »Happysad« und versucht, in jazzigere Gefilde vorzudringen. Dass Kiefer ein sehr guter Pianist ist, steht außer Frage. In der Produktion gibt es jedoch Lücken, Ecken und Kanten, die durchaus fahrig wirken. Es war vor allem die ureigene Vertracktheit seiner Beats, die auf besagtem »Happysad« besonders viel Spaß beim Hören bereitet hat. Ebendiese rhythmischen Stolperpartien sind jetzt weniger auffälligen Grooves gewichen, die dafür mit umso brachialeren, komprimierteren Sounds durch die Kopfhörer krachen. Meist mischen sich eine unauffällige Bassline und gelegentlich ein paar flächige Elemente dazu, das Hauptaugenmerk liegt jedoch auf dem Klavier: Statt in prägnanten Melodien und Hooks vertieft sich Kiefer diesmal in solistische Ausflüge, die zwar spannend und schön gespielt sind, denen es allerdings mit fortschreitender Minutenzahl immer mehr an Auffälligkeiten mangelt. Anders gesagt: Es wirkt so, als hätte Kiefer einen coolen, aber rohen Beat programmiert, sein Upright-Piano abmikrofoniert und dann seine Exkurse über ebenjene Beats aufgenommen und dazugemischt. Eine schöne Sache für nebensächliches Bouncen bei einem Bier im Park, wenn man sich wie ein Teil der eingangs beschriebenen Wimmelbilder fühlen möchte. Der »Earcandy«-Faktor, den Genickschmerzen in Kauf nehmende, konzentriert Musik hörende Kopfhörerfanatiker*innen von Kiefer erwarten, fehlt hier aber fast gänzlich.
Kiefer
»Bridges«
Stones Throw Records
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