Kennengelernt habe ich Walter Pinter 1988 oder 1989 im Wiener Nachtasyl. Gut kann ich mich noch daran erinnern, dass ich die gesammelten letzten Gäste danach in mein kleines WG-Zimmer eingeladen habe, wo noch lustig weitergezecht wurde. Am sympathischsten in der kleinen Runde war mir Walter, der eine imposante »Mattʼn« trug und ein angenehmer Gesprächspartner war. Dass Walter dann lange Zeit Mitarbeiter in der kultigen Wiener Arena war und mit anderen bei Kulturstadträtin Ursula Pasterk am Verhandlungstisch die Zukunft der Arena mitverhandelte, brachte ihm den Nickname »Arena-Walter« ein. Richtiger Mitarbeiter von skug war Walter nie, dafür war er mit einigen skug-Autor*innen gut bekannt und ideell und musikkulturell dem Projekt skug verbunden.
Musikpromoter mit Passion
Mir ist Walter in größeren zeitlichen Abständen immer wieder über den Weg gelaufen, mehr als freundlicher Smalltalk kam da aber kaum zustande. Eingeprägt hat sich mir auch Walters Rolle bei der legendären Show von Nirvana in der Arena 1991. Das Konzert war restlos ausverkauft und viele »Freinderln und Bekannte« ohne Ticket beknieten Walter beim Einlass, ob es sich nicht doch noch irgendwie einrichten ließe? Als Zeuge dieses würdelosen Szenarios halte ich fest: Walter blieb hart. Er konnte nicht, er durfte nicht nachgeben. Freundschaften seien damals zerbrochen, hat er mir lange danach einmal erzählt. Nach der Arena heuerte Walter bei einem Label an, gefolgt von einer selbstständigen Tätigkeit als Promoter von diversen Musiker*innen und Alben, und arbeitete für diverse Festivals, von denen das Jazz Fest Wien das bekannteste ist. Im Theater Akzent fungierte Walter etwa als Mitveranstalter eines Robert-Forster-Konzerts und war auch mit Leib und Seele als Musikpromoter tätig. Dabei ist es leider auch vorgekommen ist, dass Walter von seinen Geschäftspartnern übervorteilt wurde.
Besseres Kennenlernen angesichts des Todes
Wirklich besser kennenlernen durfte ich Walter erst am Tag der Einäscherung seines besten Freundes Hans Kulisch (mit dem man Walter oft im Café Rüdigerhof in der Hamburgerstraße antreffen konnte) 2019. Nachdem die Trauergemeinde sich nach und nach vom Concordia-Schlössel wieder in Richtung Stadt verabschiedete, blieben Walter und ich als letzte Gäste zurück. Beide hatten wir das Bedürfnis, zu reden. Von Walters Krankheit wusste ich bereits und seine Erkrankung war auch nur kurz Thema unserer Plauderei. Ich war beeindruckt davon, mit welchem Stoizismus und bar jeder Wehleidigkeit Walter seine sehr schmerzhafte Krankheit ertragen hat. Wir erzählten einander unsere Biografien im Zeitraffer und stellten erfreut Parallelen fest. Ich durfte an diesem langen Abend einen feinfühligen, bescheidenen, dankbaren, höflichen, tiefgründigen und humorbegabten Menschen kennenlernen, der sich nie in den Vordergrund drängte und der kein schlechtes Wort über vielleicht nicht ganz so sympathische Mitbürger verloren hat, politische Parteien ausgenommen. Später machten wir uns in Richtung Gürtel auf, wo noch Musik im Gedenken an Hans Kulisch gespielt wurde und Alfred Pranzl noch zu uns gestoßen ist. Es war das letzte Mal, dass ich Walter gesehen habe, in unseren Herzen aber lebt er weiter.